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Erholung trotz Kyrill und Borkenkäfern

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Von: Thomas Siemon

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Große Lücken: Unterhalb des Herbsthäuschens ist noch viel Raum für die natürliche Verjüngung. Archivfoto: Thomas Siemon
Große Lücken: Unterhalb des Herbsthäuschens ist noch viel Raum für die natürliche Verjüngung. Archivfoto: Thomas Siemon © Thomas Siemon

Es sah aus, als hätten Riesen Mikado gespielt. Vor 15 Jahren fegte der Orkan Kyrill über das Land und hinterließ unter anderem im Habichtswald eine Spur der Verwüstung. Zumindest auf den ersten Blick.

Kassel - Denn schon wenige Jahre später sahen Fachleute auch positive Effekte dieses Orkans, der vom 18. auf den 19. Januar 2007 so viel veränderte. Elf Jahre später kam dann der Sturm Friderike. Der sorgte mit dafür, dass der Habichtswald heute 80 Prozent weniger Fichten hat als vor 15 Jahren.

Kyrill, Friderike, drei trockene Sommer ab 2018 und die sprunghafte Verbreitung des Borkenkäfers haben dem heimischen Wald mächtig zugesetzt. Und trotzdem gibt es auch positive Entwicklungen. Davon ist Uwe Zindel, der Leiter des auch für Kassel zuständigen Forstamtes Wolfhagen, überzeugt.

Mit Windböen von bis zu 225 Kilometern pro Stunde war der Orkan vom 18. auf den 19. Januar 2007 über Hessen hinweggefegt. Dabei hatte er rund um Kassel geschätzte 100 000 Bäume umgeworfen. Betroffen waren damals 4000 Hektar, das sind 5600 Fußballfelder. Nachdem Kyrill abgezogen war, sah es unter anderem auf dem Hohen Gras und dem Essigberg verheerend aus. Insbesondere Fichten mit ihren flachen und deshalb wenig standfesten Wurzeln knickten um wie Strohhalme.

„Wir waren aber damals auch schon auf dem Weg zu größerer Vielfalt und einem widerstandsfähigen Mischwald“, sagt Uwe Zindel. Ganz werde man auch in Zukunft nicht auf die Fichte verzichten können und wollen. Naturverjüngung in Kombination mit gezielten Anpflanzungen sei in Kurzform die Strategie. Kyrill habe neben sichtbaren Schäden dafür gesorgt, dass diese Entwicklung noch beschleunigt wurde. Auf Flächen, die früher mit Fichten bewachsen waren, seien verstärkt Laubbäume gepflanzt worden, darunter Eichen, Ahorn und andere Edellaubhölzer. Buchen weniger, da die sich nicht für Freiflächen eignen. Insgesamt habe der Forst nach Kyrill eine Million Bäume gepflanzt. Man sei aber auch froh über die zunehmende Unterstützung aus der Bürgerschaft sowie von Unternehmen.

In Kooperation mit der Kasseler Universität hat Hessen-Forst ein zukunftsweisendes Projekt auf die Beine gestellt. Stichwort dafür ist eine Kombination aus Klima und Wald, der Klimwald (siehe Hintergrund rechts).

Das Grundprinzip sieht so aus, dass der Wald durch Naturverjüngung und gezielte Eingriffe gefördert wird. Junge Bäume kommen mit der Klimaveränderung und den zunehmend trockenen Sommern besser zurecht. Gleichzeitig sollen Neuanpflanzungen zum Beispiel von klimarobusten Elsbeeren und Wildkirschen den Prozess der Anpassung unterstützen. „Wir haben schon viel nachgepflanzt und werden das auch weiterhin tun“, sagt Uwe Zindel.

Der zuletzt wieder feuchtere Sommer und auch ein Herbst mit reichlich Niederschlägen wirken sich nach Einschätzung des Fachmanns positiv aus. Junge Bäume seien auf Feuchtigkeit in den oberen Bodenschichten angewiesen. Hier hätten sich die Verhältnisse gebessert, tiefer in der Erde sei es immer noch zu trocken. Trotzdem ist Uwe Zindel verhalten optimistisch. Der 65-Jährige ist davon überzeugt, dass der Wald sich erholen kann. Dafür sei es allerdings wichtig, den eingeschlagenen Weg der Verjüngung sowie eine gute Mischung der Baumarten konsequent fortzusetzen. Das sei arbeitsintensiv, lohne sich aber. (Thomas Siemon)

Rückblick: Der damalige Revierförster Wolfgang Schmidt im Jahr 2007 vor einer umgestürzten Fichte. Archivfoto: Jochen Herzog
Rückblick: Der damalige Revierförster Wolfgang Schmidt im Jahr 2007 vor einer umgestürzten Fichte. © Jochen Herzog
Spende: Der Bürger- und Heimatverein Kirchditmold unterstützte die Pflanzung junger Bäume an der Hessenschanze.
Spende: Der Bürger- und Heimatverein Kirchditmold unterstützte die Pflanzung junger Bäume an der Hessenschanze. © Thomas Siemon
Uwe Zindel
Uwe Zindel © Lothar Koch

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