Auszubildende bauen neue Stele für Synagogen-Gedenktafel in Kassel

Stahlbetonbau-Azubis in Kassel arbeiten derzeit an einer neuen Beton-Stele für die Gedenktafel, die an die alte Synagoge im Stadtteil Wesertor erinnert.
Wesertor – Sie wollen ein Bauwerk schaffen, das bleibt, sagt Marlon Pletsch. Der angehende Stahlbetonbauer arbeitet mit sechs Azubi-Kollegen im Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft (ASK) an einer neuen Beton-Stele für die Gedenktafel, die an die alte Synagoge im Stadtteil Wesertor erinnert. Normalerweise werden ihre Übe-Objekte im Ausbildungszentrum immer wieder zurückgebaut, berichtet Pletsch. Die neue Stele soll an der Unteren Königsstraße aufgestellt werden und die Gedenktafel aus dem Jahr 1988 wieder sichtbarer machen.
Die Stele wurde von den Auszubildenden, die gleichzeitig ein Duales Studium Bauingenieurwesen absolvieren, zusammen mit Zentrumsleiter Paul Baumgart konzipiert. Aktuell bauen sie eine mannshohe Holzschalung, in die der Beton für die Stele am Freitag gegossen wird. Dafür werden sechs volle Betonmischer-Ladungen nötig sein.
Wird eine Rüttelflasche anschließend ganz langsam im Beton nach oben gezogen, entstehen keine Lufteinschlüsse oder Kiesnester. Die Stele soll nämlich vier glatte Oberflächen haben. Ende der Woche steht sozusagen der Rohbau. Nach einer Woche Aushärtung wird die Außenschaltung entfernt, und die Stele muss mindestens 28 Tage lufttrocknen.
Damit die Stele nicht von Graffiti besudelt wird, bekommt sie eine spezielle Schutzschicht, die wie ein Lotuseffekt wirkt, erklärt Thilko Gerke, Vorsitzender des Ausbildungszentrums der Bauwirtschaft. Die bronzene Gedenktafel mit der Inschrift und einem Relief der imposanten Synagoge wird mit einem Spezialkleber auf der schrägen Oberfläche befestigt.

Das Ausbildungszentrum wird die Stele spenden. Im Gegenzug bekommen die Auszubildenden auf Wunsch ihres Leiters „eine kleine Geschichtsstunde“: Esther Hass wird als Vertreterin der Jüdischen Gemeinde in Kassel, den Auszubildenden Hintergründe über die Jüdische Gemeinde und die Große Synagoge aus dem Jahr 1839 geben.
Initiiert wurde die neue Stele von der Initiative „Omas gegen Rechts“ mit Unterstützung des Ortsbeirats Wesertor und der Jüdischen Gemeinde. Die Stele wird anderthalb Tonnen schwer sein und mittels Kran auf ihren Standort an der Unteren Königsstraße gehievt. Das Fundament wird gepflastert. „Wenn die Azubis später mal dran vorbei fahren, können sie sagen: Ich war dabei“, berichtet Thilko Gehrke. Und Azubi Marlon Pletsch betont die Bedeutung ihrer Arbeit: „Es ist schön, dass wir eine solche Verantwortung bekommen, da geben wir 120 statt nur 100 Prozent.“