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Schöffen in Kassel gesucht - Experten warnen vor rechtsradikalen Bewerbern

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Von: Matthias Lohr

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Bis zum 14. April kann man sich als Schöffe bewerben: Ein Richter hängt seine Robe an eine Garderobe.
Bis zum 14. April kann man sich als Schöffe bewerben: Ein Richter hängt seine Robe an eine Garderobe. © Friso Gentsch/dpa

Auch in Kassel werden noch Schöffen für die Gerichte gesucht. Experten befürchten derweil, dass Rechtsradikale das Justizsystem unterwandern könnten.

Kassel – Vor wenigen Monaten teilte die rechtsextreme Partei Freie Sachsen in den sozialen Medien einen Beitrag, der viele aufschrecken ließ. In dem Post hieß es: „Ehrenamtliche Richter gesucht: Jetzt Schöffe werden!“ Auch der Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke rief seine Anhänger dazu auf, sich für ein Amt als Laienrichter zu bewerben. Die Kasseler Juso-Bezirksvorsitzende Johanna Kindler beobachtet das mit „großer Sorge“, wie sie sagt.

Schöffen sind aus gutem Grund Teil des deutschen Rechtssystems. Sie vernehmen Zeugen, hören Gutachter an und können die Berufsrichter sogar überstimmen. Sie sind für den gesunden Menschenverstand im Gericht verantwortlich. Nun warnen Experten, dass Rechtsextreme durch Schöffen das deutsche Justizsystem unterwandern könnten. Für Kindler sind die Aufrufe „ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz und den demokratischen Rechtsstaat“.

Laut dem nordhessischen Bündnis gegen Rechts versuchen etliche rechte Gruppen, die angeblich „links-grüne Kuscheljustiz“ zu verändern. Befürchtet werden nicht nur politische Urteile. Rechte könnten durch ihr Schöffenamt Zugang zu besonders sensiblen Personendaten bekommen. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung ruft darum auf ihrer Internetseite fes.de/schoeffenwahl2023 dazu auf, rechtsextreme Schöffen zu verhindern.

Kassel sucht dringen Bewerber, die Schöffe werden möchten

Grundsätzlich werden Schöffen dringend gesucht. Wie andere Kommunen erstellt die Stadt Kassel Vorschlagslisten für das Schöffenamt. Für die Tätigkeit am Amts- und Landgericht werden 441 Schöffen benötigt, beworben haben sich jedoch erst 401. Auch bei den Jugendschöffen (215 Bewerbungen bei 274 benötigten Personen) ist das Soll längst noch nicht erfüllt.

Die Anforderungen sind einfach: Ein Schöffe muss deutscher Staatsbürger sein, die deutsche Sprache beherrschen und zwischen 25 und 69 Jahren alt sein. Es darf keine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten vorliegen und auch kein aktuelles Ermittlungsverfahren laufen.

Justizminister Marco Buschmann: Schöffen sollen vom Verfassungsschutz überprüft werden

Damit angesichts der Personalsorgen vom Schöffenwahlausschuss nicht jeder genommen wird, plant Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) eine kleine Änderung im Auswahlprozess: Bewerber sollen schriftlich erklären, dass sie jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Und sie sollen sich mit einer Überprüfung durch den Verfassungsschutz einverstanden erklären.

Beim Kasseler Landgericht sind entsprechende Aufrufe von extremistischen Gruppen aus der Region nicht bekannt, wie ein Sprecher sagt. Auch Christopher Vogel vom Mobilen Beratungsteam gegen Rassismus und Rechtsextremismus hat dazu keine Erkenntnisse. Aber er sagt: „Es ist gut, dass man auf diese Gefahr hinweist, damit sich kein Extremist berufen fühlt, sich da zu bewerben. Denn diese Aufrufe gibt es.“ (Matthias Lohr)

Bewerbungen als Schöffe sind bis zum 14. April möglich. Infos: zu.hna.de/schoeffe

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