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Technisches Problem im Kraftwerk Kassel - Fäkal-Geruch zieht über ganze Stadt

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Von: Andreas Hermann

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Manchmal stinkt’s vom Kraftwerk aus bis in die Innenstadt von Kassel hinein.
Manchmal stinkt’s vom Kraftwerk aus bis in die Innenstadt von Kassel hinein. © Andreas Fischer

Nach Klagen über stinkendes Kraftwerk in Kassel: KVV räumt Probleme mit Klärschlamm-Anlage ein.

Kassel – Je nachdem, woher der Wind weht, zieht der Geruch mit der Abluftfahne des Kraftwerks Kassel über den Bereich an der Dennhäuser Straße oder auch weit darüber hinaus. „Es stinkt nach Fäkalien“, sagt Norbert Wett. Als er jetzt mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sei, habe er den Gestank auch in der Stadtmitte und am Brasselsberg wahrgenommen, berichtet er. Anwohner und auch weiter vom Kraftwerk entfernt wohnende Kasseler hätten sich bereits über diese Geruchsbelästigung beklagt.

Die Städtischen Werke als Betreiber des Kraftwerks räumen die Geruchsprobleme auf Anfrage ein. Ursache sei der laufende Umbau des (Braun-)Kohle verbrennenden Werks Werks in Kassel für die spätestens ab 2025 vorgesehene Umstellung auf die Verbrennung von Altholz und Klärschlamm, erklärt Ingo Pijanka, Sprecher der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV). Zu der Holding gehören die Städtischen Werke und deren Tochter Energie und Wärme GmbH (EWG).

Abhängig vom Wind: Die Nachtaufnahme von Süden aus zeigt eine gen Westen ziehende Rauchfahne des Kraftwerks; im Hintergrund die A 7.
Abhängig vom Wind: Die Nachtaufnahme von Süden aus zeigt eine gen Westen ziehende Rauchfahne des Kraftwerks; im Hintergrund die A 7. © Dieter Schachtschneider

Weil Christdemokrat Wett die Nase voll hat, stellte er kürzlich in der Stadtverordnetensitzung folgende Anfrage: „Was wird der Magistrat gegen die in den letzten Wochen und Monaten wiederholt, lang anhaltend und großflächig auftretende Geruchsbelästigung durch Klärschlamm im weiten Umkreis des Kraftwerks Kassel tun?“

Stadtbaurat Christof Nolda (Grüne) meinte dazu, aus Kassel lägen keine Beschwerden über Geruchsbelästigungen vor. Eine gebe es aus dem Kreis. Für die Kontrolle des Kraftwerkumbaues sei das Regierungspräsidium zuständig. Was den Geruch angehe, seien beim Probebetrieb der Anlage Grenzwerte überschritten worden, so Nolda.

Umstieg auf neue Brennstoffe: Kassel ist Vorreiter

Die Umrüstung eines Kraftwerks auf die Kohlendioxid-neutralen Brennstoffe Klärschlamm und Altholz für den gesellschaftlich gewünschten Kohleausstieg sei technisch alles andere als trivial, da es keine Vorbilder gebe, betont dazu KVV-Sprecher Pijanka. „Kassel ist hier Vorreiter für eine saubere Wärmeerzeugung.“ Zudem sei die Umstellung des Kraftwerks in Kassel ein zeitlich sehr ambitioniertes Projekt, das durch die weltweit spürbaren Lieferengpässe nicht erleichtert werde.

Baubeginn für den Klärschlammtrockner war laut KVV im Mai 2019. In fünf Monaten habe die EWG die Halle für die Trocknungsanlage errichtet. Es sei gelungen, einen nahezu abwasserfreien Bandtrockner zu realisieren. Im April 2020 sei die Klärschlammbandtrocknung fertiggestellt worden. Im Oktober 2020 startete dann die sogenannte warme Inbetriebnahme, der Probebetrieb. Laut KVV sind zahlreiche Optimierungen wie die Veränderung des Trocknungsgrades, die Anpassung der Bandlaufgeschwindigkeit sowie die Erhöhung der Zu- und Abluftmengen nötig gewesen – unter anderem wegen der unterschiedlichen Klärschlamm-Qualitäten.

Mit Problemen im Probebetrieb: Die Anlage zur Klärschlammtrocknung im Kraftwerk.
Mit Problemen im Probebetrieb: Die Anlage zur Klärschlammtrocknung im Kraftwerk. © Bastian Ludwig

„Noch nicht abgearbeitet ist der Punkt Geruch“, sagt der KVV-Sprecher. Mit dem Hersteller seien zwei technische Lösungswege erarbeitet und in der Heizperiode 2021/2022 in die Klärschlamm-Trocknungsanlage integriert worden. Das positive Ergebnis liege nun vor. Man habe eine Möglichkeit ausgewählt, um die Abluft so zu reinigen, dass die Grenzwerte eingehalten werden könnten.

Aktuell plane man, die Anlage im Sommer zu installieren. Zur Heizperiode 2022/2023 solle sie dann zur Verfügung stehen, kündigt Pijanka an. „Das Thema Geruch sollte dann keines mehr sein.“ (Andreas Hermann)

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