1. Startseite
  2. Kassel

„Habe Angst gehabt“: Senior findet Einbrecher im Keller – Polizei Kassel braucht 30 Minuten

Erstellt:

Von: Ulrike Pflüger-Scherb

Kommentare

Claus-Dieter Mahr aus Kassel erwischt einen Einbrecher in seinem Keller. Er ruft sofort die Polizei. Die trifft erst eine halbe Stunde später ein.

Kassel – Dass in seinen Kellerraum eingebrochen worden ist, das regt Claus-Dieter Mahr fast gar nicht auf. „Ein Einbruch ist doch heute normal“, sagt der 75-Jährige, der mit seiner Frau in einem Mehrfamilienhaus an der Wilhelmshöher Allee im Kasseler Stadtteil Vorderen Westen lebt. Ihn störe es auch nicht, dass der Einbrecher seinen Kellerraum durchwühlt und sich aus seinen Vorräten bedient hat.

Der Mann habe Ananas und Gebäck gegessen, sagt Mahr. „Das Essen hätte ich ihm auch freiwillig gegeben.“ Der Rentner ärgert sich stattdessen über die Polizei. Nachdem er am Montagmorgen dort angerufen habe, um zu melden, dass in seinem Keller ein fremder Mann liegt, habe es eine gute halbe Stunde gedauert, bis überhaupt eine Streife vor Ort gewesen sei. „So kann ein Staat mit seinen Bürgern nicht umgehen“, sagt Mahr, der 29 Jahre lang Pfleger und Betriebsrat in der Orthopädischen Klinik in Kassel gewesen ist.

Fremder Mann liegt im Keller: Dieser Anblick bot sich Claus-Dieter Mahr am Montagmorgen. Bevor er in seine Wohnung ging und die Polizei rief, machte er noch dieses
Fremder Mann liegt im Keller: Dieser Anblick bot sich Claus-Dieter Mahr am Montagmorgen. Bevor er in seine Wohnung ging und die Polizei rief, machte er noch dieses Foto. © Privat (nh)

Ein Senior stößt in seinem Keller in Kassel plötzlich auf einen Einbrecher. Er liegt am Boden und schläft. Die Polizei lässt indes auf sich warten.

Um kurz vor 10 Uhr sei er in den Keller gegangen, um Wasser zu holen, erzählt Mahr. Als er unten ankam, hätten alle Türen offen gestanden. Auch die Tür zu seinem Verschlag war aufgebrochen. Der 75-Jährige schaute in den Raum und sah, dass ein Mann auf dem Boden liegt. Er machte noch schnell mit seinem Handy ein Foto von der Person und verschwand nach oben. Um 9.54 Uhr rief Mahr bei der Polizei an, wie auf seinem Handy zu sehen ist.

Dort habe er mitgeteilt, dass bei ihm eingebrochen worden sei und der Täter im Keller liegt. Er wisse nicht, ob er tot sei oder nur schlafe, berichtete Mahr. Daraufhin habe die Polizistin zu ihm gesagt, er solle gucken, ob der Mann noch lebe. Das habe er aber nicht getan, sagt der 75-Jährige. „Ich habe Angst gehabt.“ Er habe schließlich nicht wissen können, ob der Einbrecher ihn angreift. „Stellen Sie sich vor, ich hätte ein Messer ins Kreuz bekommen.“

Stattdessen wartete der Rentner weiter auf die Polizei. Um 10.08 Uhr rief er laut Handy-Anrufliste zum zweiten Mal bei der Polizei an, sagt Mahr. Da habe er die Antwort bekommen, den Beamten sei etwas dazwischen gekommen. Es habe bis um kurz vor halb elf gedauert, bis die Streife eintraf. Die Beamten gingen in den Keller und sahen nach dem Einbrecher, der dort eingeschlafen war. Laut Polizeisprecher Matthias Mänz wurde der 24-jährige Tatverdächtige dann auch festgenommen.

Claus-Dieter Mahr wartete am Montag 30 Minuten auf die Polizei.
Claus-Dieter Mahr wartete am Montag 30 Minuten auf die Polizei. © Ulrike Pflüger-Scherb

Fremder Mann liegt in Kassel im Keller: 30 Minuten, bis die Polizei vor Ort ist

Der Polizeisprecher bestätigt auch, dass es etwa 30 Minuten gedauert hat, bis die Streife vor Ort gewesen ist. Aufgrund der bestehenden Auftragslage habe die Leitstelle eine freie Streife eingesetzt, die sich in Baunatal befand. Unter Abwägung der zu dieser Zeit bekannten Erkenntnisse hätten die Beamten darauf verzichtet, mit Blaulicht und Martinshorn in die Wilhelmshöher Allee nach Kassel zu fahren.

Beamte müssten bei Fahrten zum Einsatzort immer gut und sorgfältig abwägen, ob sie Sonder- und Wegerechte in Anspruch nehmen, so Mänz. Hier müssten verschiedene Rechtsgüter gegeneinander abgewogen werden, denn die Polizisten hätten auch immer die Verantwortung für solche Einsatzfahrten und müssten die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer im Blick haben.

In diesem Fall habe sich der Geschädigte Claus-Dieter Mahr sicher in seiner Wohnung befunden, und der mutmaßliche Täter habe im Keller geschlafen, so Mänz. Insofern sei nachvollziehbar, dass die Beamten auf eine Blaulicht-Fahrt verzichtet hätten.

Grundsätzlich sei es natürlich der Anspruch der Polizei, dass sich die Bürger gut betreut und sicher fühlen. Mitunter komme es im täglichen Einsatzgeschäft aber auch dazu, dass Menschen unzufrieden mit der Polizei sind und ihren Unmut offen kundtun, so Mänz. Seinen Unmut über die lange Wartezeit hat Claus-Dieter Mahr umgehend gegenüber den Beamten zum Ausdruck gebracht. Seiner Ansicht nach seien die Beamten überfordert, und überall im Staat fehle es an Geld.

Einsatz von Blaulicht

Laut der Straßenverkehrsordnung dürfe blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten sei, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.

Bei dem Tatverdächtigen, den die Polizei festgenommen hat, handelt es sich um einen 24-Jährigen aus Algerien, der in Deutschland keinen festen Wohnsitz hat, so der Polizeisprecher. Die Beamten brachten ihn zur Dienststelle und leiteten ein Strafverfahren gegen ihn ein. Später wurde er nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft entlassen, da keine Haftgründe gegen ihn vorlagen.  (Ulrike Pflüger-Scherb)

Die Polizei ermittelt seit Freitag (3. März) in vier Einbrüchen in der Region: Vier ähnliche Wohnungseinbrüche, die sich am Freitag ereignet haben, halten drei verschiedene Polizeidienststellen in der Region auf Trab.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion