Kassel. Die Überraschung landete auf dem Frühstückstisch. Christa Witzel aus Dahlheim (Staufenberg) traute ihren Augen nicht, als sie am Donnerstag die HNA aufschlug. Da lächelte ihr doch ihr Mann von einem Foto entgegen – allerdings als 20-Jähriger im Jahr 1953.
Damals war der heute 81-jährige Karl-Heinz Witzel Geselle bei der Firma Sigurd an der Leipziger Straße. Ab 1947 hatte er dort zunächst seine Ausbildung zum Fahrradmechaniker gemacht. Das er seinerzeit von einem Fotografen der Hessischen Nachrichten fotografiert worden war, daran kann er sich heute schon gar nicht mehr erinnern.
Bis dato nie veröffentlicht
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Tatsächlich war das Foto aus einer Bilderstrecke über die Firma Sigurd bis vergangenen Donnerstag auch nie veröffentlicht worden. Es schlummerte im Archiv unserer Zeitung. Der Name des Abgelichteten war aber nicht archiviert und so war unter dem jetzt abgedruckten Foto zu lesen „ein unbekannter Arbeiter“.
Diesen „unbekannten Arbeiter“ erkannte nicht nur dessen Frau sofort. Auch der Sohn Dirk Witzel, zahlreiche Verwandte und Bewohner Dahlheims waren aus dem Häuschen. Und so klingelte das Telefon bei Witzels am Donnerstag gleich mehrfach.
Karl-Heinz Witzel hatte sich beim ersten Lesen der HNA erst nicht erkannt. Nach einem Infarkt hat er Probleme sich zu erinnern.
Als ihm seine Frau das Foto zeigte, kamen die Erinnerungen aber wieder. Dreieinhalb Jahre hatte er bei Sigurd eine Lehre gemacht. Jeden Morgen ist er mit dem Fahrrad von Dahlheim bis an die Leipziger Straße gefahren. „So wie in heutigen Industriebetrieben war das damals aber nicht“, erzählt der 81-Jährige. Viel Schmutz und Schweiß aber keine Duschen. Er habe Speichen in Räder eingezogen und so ziemlichen jeden Montagehandgriff erledigen müssen.
Karl-Heinz Witzel sollte aber nur bis Mittte der 1950er-Jahre bei Sigurd arbeiten. Dann sei die Auftragslage schlechter geworden und er wechselte zur Kasseler Waggonfabrik Gebrüder Credé.
Die HNA vom Donnerstag werden die Witzels jedenfalls gut aufheben. Allein schon wegen des Fotos: „Ein fesches Bürschchen war der Karl-Heinz“, findet Christa Witzel. Und Karl-Heinz, der lächelt.
Von Bastian Ludwig
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