Derzeit arbeite man daran, das Forschungsprogramm des Kassel Institute aufzubauen, sagt Fischer-Lescano. Dafür gelte es zunächst, einen tragfähigen Nachhaltigkeitsbegriff zu entwickeln – jenseits der Beliebigkeit, mit der das Wort inzwischen gebraucht werde, etwa in der Werbung. Für Fischer-Lescano soll die Kasseler Nachhaltigkeitsforschung kritisch gegenüber den Kapitalismus und post-kolonialen Kontinuitäten sein. „Der globale Norden kann auch vom globalen Süden lernen“, betont Fischer-Lescano. Auch das herrschende menschenzentrierte Weltbild gelte es infrage zu stellen.
Auch zwei weitere Kernprofessuren des neuen Forschungsinstituts sind inzwischen besetzt: Dr. Andreas Braun hat die Professur „Human Environment Interactions“ (Mensch-Umwelt-Interaktion) am Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften übernommen. Im März wird Dr. Andra-Ioana Horcea-Milcu ihre Professur „Cultures of sustainabilitiy“ antreten. Die Verhandlungen für die vierte technische Kernprofessur laufen noch. Sobald sie besetzt ist, ist auch das designierte Direktorium des Kassel Institute komplett.
Analog zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen sollen insgesamt 17 Professuren dem Institut zugeordnet sein – jenseits der vier Kernprofessuren also zwölf weitere. Davon sind nach Angaben der Hochschule bereits drei Professuren besetzt. Wenn das genaue Forschungsprogramm feststehen, sollen passgenau darauf ausgerichtet die weiteren Professuren ausgeschrieben werden.
Die Affäre Guttenberg
Es war die erste große Plagiatsaffäre in Deutschland: 2011 musste der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seinen Posten und seinen Doktortitel abgeben, weil er in seiner Dissertation abgeschrieben hatte. Aufgedeckt hatte die Plagiate Andreas Fischer-Lescano.
Er habe die Arbeit über die Verfassungsentwicklung in der EU und den USA damals aus wissenschaftlichem Interesse gelesen, mit dem Ziel, Guttenberg inhaltlich zu kritisieren, sagt Fischer-Lescano. Dann sei er über die offensichtlichen Plagiate gestolpert. „Da hatte ich dann schon das Gefühl, die Luft wird dünn für ihn“, sagt der Professor, der sich selbst als „politisch schwer zu greifen“ beschreibt, aber mit dem Attribut „nicht konservativ“ sehr einverstanden ist.
Bis heute wird die Causa Guttenberg mit dem Namen Fischer-Lescano verbunden. „Ich bin kein Plagiatsjäger“, betont er. Nochmal wolle er nicht mit einen prominenten Plagiatsfall zu tun haben. „Ich habe damals unterschätzt, was an Schmutz und Hass auf mich einprasseln würde.“ Auch als regelmäßiger Zugfahrer bevorzugt Fischer-Lescano es, in der Öffentlichkeit unerkannt zu bleiben. (Katja Rudolph)