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Kasseler Frauenärztin über Abtreibungs-Kompromiss: „Ich breche nicht in Jubel aus“

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Von: Christina Hein

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„Ist das schon strafbar?“: Nora Szász, Frauenärztin in Kassel, äußert sich zum Gesetzentwurf zum Paragrafen 219a verhalten.
„Ist das schon strafbar?“: Nora Szász, Frauenärztin in Kassel, äußert sich zum Gesetzentwurf zum Paragrafen 219a verhalten. © Maximilian Beer

Die Große Koalition hat sich beim Paragrafen 219a geeinigt. Die Reaktionen sind durchwachsen. Die Kasseler Frauenärztin Nora Szàsz, die vor Gericht steht, ist nicht zufrieden.

Der entsprechende Gesetzentwurf sieht vor, dass Ärzte und Kliniken darüber informieren dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Für weiterführende Informationen sollen sie auf offizielle Stellen wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder die Ärztekammern hinweisen. 

Proteste in Kassel wegen Paragraf 219a

Nach dem Paragrafen 219a ist Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verboten. Zuletzt war darüber eine politische Diskussion entbrannt und in Protestaktionen – auch in Kassel – gefordert worden, den Paragrafen zu streichen.

Anfang der Woche wäre der Gerichtstermin gewesen, bei dem sich die Kasseler Frauenärztinnen Nora Szász und Natascha Nicklaus für unerlaubte Werbung für Abtreibungen hätten verantworten sollen.

Sie weisen auf ihrer Homepage daraufhin, dass sie Abbrüche vornehmen. Militante Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen hatten sie angezeigt. Der Gerichtstermin war – auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Gesetzreform – auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden.

„Es ist nun mal ein Kompromiss - in Jubel kann ich darüber nicht ausbrechen“, sagt Nora Szàsz in Hinblick auf den aktuellen Gesetzentwurf. „Wir haben ihn ja erwartet, aber er ist nicht das, wofür wir eineinhalb Jahre lang gekämpft haben.“

Irritierend sei, dass sie und ihre Kollegin jetzt von allen Seiten Glückwünsche erhielten. Dabei müsse ja der konkretisierte Kabinettsentwurf am Ende erst noch vom Bundestag verabschiedet werden.

Sie sei froh, wenn Abtreibungsgegner keine rechtliche Handhabe mehr haben, aber: „Erst nach dem Prozess, wenn die Strafverfolgung zurückgenommen ist und wir abgesichert sind, können wir aufatmen“, sagt Szàsz. Ihre Kollegin Kristina Hänel in Gießen sei ja schon verurteilt worden. 

Sie mache sich auch weiterhin strafbar, hatte sich Hänel zu dem Entwurf geäußert. Der Grund: Sie erläutert auf ihrer Homepage neben der Information darüber, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt, auch die Methoden.

Paragraf 219a: Frauenärztinnen wegen "Werbung für Abtreibung" im Visier

Auch Szàsz und Nicklaus geben auf ihrer Internetseite zu den Methoden von Abtreibungen „operativ und medikamentös“ an. Szász: „Ist das schon strafbar? Was dürfen wir schreiben?“

Szász möchte sich deshalb mit einer detaillierten Bewertung noch zurückhalten: „Ich werte das Ganze mal als Erfolg und freue mich darüber, dass wir eine so große Unterstützung bekommen haben.“

Nach wie vor fordere sie und viele andere die Abschaffung des Paragrafen 219a, der „einzigartig in Deutschland“ sei.

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