Kasseler Gewerbeabfall macht weite Wege: 5150 Tonnen werden jährlich in Frankfurt und Olpe sortiert

Mehr als 5000 Tonnen des Kasseler Gewerbeabfalls werden mit Lkws jährlich nach Frankfurt und Olpe (Nordrhein-Westfalen) gefahren, um dort sortiert zu werden. Grund dafür ist, dass es im Raum Kassel keine Sortieranlage für Gewerbeabfall gibt. Dieser wird nun aber gefordert.
Kassel – Um die Ressourcen zu schonen und Wertstoffe nicht einfach zu verbrennen, müssen auch Gewerbeabfälle sortiert werden. Seit einigen Jahren gelten verschärfte Bestimmungen. So müssen Betriebe ihren Müll stärker vorsortieren. Wem das nachweislich technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist, der muss seinen Abfall in einer Vorsortierungsanlage behandeln lassen.
Weil es in der Region keine Anlage gibt, haben allein die Stadtreiniger 2021 insgesamt 5150 Tonnen Gewerbeabfall nach Frankfurt und Olpe bringen lassen, um Wertstoffe aus dem Müll sortieren zu lassen. Dies entspricht mehr als 200 Lkw-Ladungen.
Der Kasseler Entsorgungsverband EHTW fordert daher den Bau einer Sortieranlage in der Stadt Kassel. Aus Sicht der Tochtergesellschaft des Einzelhandelsverbandes sei dies sowohl ökologisch wie mittelfristig auch ökonomisch sinnvoll. „Beim Gewerbemüll verpasst Kassel die Chance, den Einfluss zu behalten. Abfall ist eine wichtige Rohstoff- und Energiequelle“, sagt EHTW-Geschäftsführerin Sabine Giesa. Abfälle müssten „ordentliche Wege gehen“, dies sei eine Aufgabe der Kommunen. „Wir geben ja auch das Trinkwasser nicht aus der Hand“, sagt Giesa.
Bei der Stadt Kassel gibt es aber aktuell keinerlei Interesse an dem Thema. Gespräche zwischen Stadt, Stadtreinigern und Müllheizkraftwerk Kassel (MHKW) hätten vergangenes Jahr ergeben, dass eine Sortieranlage für Gewerbeabfall nicht wirtschaftlich zu betreiben sei, so ein Rathaussprecher auf HNA-Anfrage. Die Gewerbeabfallmenge, auf die die Kommune Zugriff habe, sei dafür einfach nicht groß genug. Die Stadtreiniger sammelten 2021 in Kassel über 60 0000 Tonnen Gewerbeabfall ein, der zunächst zum MHKW gebracht wurde. Von der dortigen Umladestelle wurden 5150 Tonnen zu den Sortieranlagen in Frankfurt und Olpe transportiert. Der Rest ging als nicht sortierfähiger Abfall direkt in die Verbrennung.
Bis vor einigen Jahren gab es am MHKW noch eine Sortieranlage. Diese Sieb- und Handsortierung wurde mangels Wirtschaftlichkeit aber aufgegeben. Sie hätte den rechtlichen Vorgaben an die Gewerbeabfalltrennung aber auch nicht entsprochen, so ein Sprecher des MHKW.
Sortieranlagen müssen mindestens eine 30-prozentige Recyclingquote nachweisen.
Auch die Stadtreiniger halten den Bau einer solchen Anlage in Kassel für unsinnig. „Um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten, wären zusätzliche Abfallmengen notwendig, die dann zum Beispiel aus Südhessen, Südniedersachsen oder Ostwestfalen kommen würden. Damit verbunden wären zusätzliche Lkw-Transporte“, so eine Sprecherin. Nach Auskunft der Stadt gibt es aber Planungen für eine Gewerbeabfallsortieranlage durch einen privaten Betreiber im Landkreis Kassel.
Beim Kreis selbst ist man da aber zurückhaltend. „Es gibt nichts Konkretes“, so ein Sprecher. Im Landkreis falle vergleichsweise wenig Gewerbemüll an. Der Großteil werde auf den Recyclinghöfen sortiert und an Direktverwerter aus der Region gegeben, so der Sprecher.
Vom regionalen Entsorgungs- und Recyclingunternehmen Fehr-Knettenbrech, das von den Beteiligten als möglicher Betreiber einer solchen Anlage genannt wird, heißt es ebenfalls, es gebe keine konkreten Planungen.
Giesa findet es verwunderich, dass die Kommune einen wirtschaftlichen Betrieb für nicht möglich hält, während private Betreiber ein wirtschaftliches Interesse am Betrieb von Sortieranlagen hätten. (Bastian Ludwig)