Kassel. Grillverbot auf städtischen Flächen? Wer durchs Buga-Gelände in Kassel schlendert, stellt fest: Vom kommunalen Verbot weiß offenbar niemand - oder es war den Kasselern völlig wurscht.
Samstag zwischen 17 und 18 Uhr im Bereich zwischen Standbar und Seglerheim: Ein gutes Dutzend Gruppen – meist türkisch- und russischstämmig, aber auch afrikanisch – grillten bei sengender Hitze quasi um die Wette. Überall dicke Rauchschwaden und der Duft nach verbrannten Fleisch.
Nach dem am vergangenen Donnerstag vor der Kasseler Stadtverwaltung ausgesprochenen Grillverbot befragt, lautet die häufigste Antwort: „Weiß ich nix von“ und: „Iss mir auch egal“. Ansonsten verlegenes Lächeln und desinteressiertes Achselzucken der Grillfans.
Eine Gruppe junger Chinesen hatte den Grill sogar auf nur wenige Zentimeter hohen Füßchen fast auf dem Boden stehen. Selbst wenn keine Dürre herrscht, heißt es: 50 Zentimeter Mindestabstand zum Rasen, damit dieser nicht verbrennt. Nach unserem Hinweis stellten sie den Grill auf eine Tischtennisplatte aus Beton. Immerhin.
Sogar vor einem offenen Lagerfeuer direkt auf dem völlig ausgetrockneten Boden schreckten Besucher des Bugasee-Geländes in der Fuldaaue nicht zurück. Die Flammen loderten teilweise meterhoch unterhalb eines großen Baumes. Und was taten Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts oder der Polizei, um das Einhalten des Verbots zu kontrollieren? Fehlanzeige. Zumindest in den Zeiten, in denen wir nachgeschaut haben. Nach übereinstimmenden Angaben vieler Befragter gab es von Samstagmittag bis zum Abend und am Sonntag in den Mittagsstunden keinerlei Kontrollen am Bugasee. „Uns hat niemand angesprochen“, sagte ein Griller.
Eine Gruppe junger Süd- und Mittelamerikaner aus Kassel und Umland war mit kühlem Bier, jeder Menge Grillfleisch und Maiskolben, mit Ghettoblaster und Decken zum Picknick angerückt. Grillverbot? „Ist doch nicht schlimm“, sagt einer von ihnen. Am Buga-See gebe es doch keinen Wald und wenn der kurze, vertrocknete Rasen brenne, trete man ihn aus. Abgesehen davon sei ja genug Löschwasser in der Nähe.
In der Goethe-Anlage im Vorderen Westen Kassels – ansonsten ein beliebter sommerlicher Picknick-Treff – grillte zumindest am Sonntagmittag niemand. Allerdings fuhr auch gerade ein Polizeiwagen Streife. Spätestens das hätte etwaige Grillfans dort wohl ohnehin in die Flucht geschlagen.
Städte verbieten offene Feuer
Offenes Feuer – wie man es meist zum Grillen braucht – ist in Kassel in allen städtischen Park- und Grünanlagen grundsätzlich verboten. Das sieht bereits die städtische Gefahrenabwehrverordnung vor. Wegen der Trockenheit und der damit einhergehenden Brandgefahr ist die Stadt jedoch noch etwas deutlicher geworden und kündigte vergangene Woche an, ein entsprechendes Verbot im Wege einer sogenannten Allgemeinverfügung zu erlassen.
Die Park- und Grünanlagen seien großflächig vertrocknet. Aufgrund der hohen Temperaturen bestehe die Gefahr, durch offenes Feuer einen Flächenbrand auszulösen, hieß es. Verstöße würden geahndet mit Verwarnungen ab 35 Euro bis hin zu Bußgeldern in Höhe von 5000 Euro. Gewöhnlich wird in Kassel das Grillen im Nordstadtpark an der Universität, in der Goethe-Anlage und in einigen Bereichen am Bugasee geduldet. Bedingung sind Mehrweggrills mit einer Höhe von mindestens 50 Zentimetern, damit der Rasen nicht verbrennt. Verboten ist das Grillen hingegen auf den Flächen der Museumslandschaft Hessen Kassel, also in der Karlsaue und im Bergpark.
Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf das Feuer- und Grillverbot hat die Stadt Kassel am Donnerstag ein Thema aufgegriffen, das in Südhessen bereits länger diskutiert wird. Wie berichtet, darf in Frankfurt nicht mehr öffentlich gegrillt werden. Wegen der akuten Brandgefahr haben auch die Städte Wiesbaden und Marburg bereits Grillplätze geschlossen.
Von José Pinto und Nicole Schippers