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„Habe gemerkt, ich gehöre hierher“: Stefan Dargel hat Parkinson und engagiert sich für Betroffene

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Von: Anna-Laura Weyh

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Hat seit acht Jahren die Diagnose: Stefan Dargel aus Kassel leidet an Parkinson und engagiert sich für Betroffene in der Deutschen Parkinson-Vereinigung.
Hat seit acht Jahren die Diagnose: Stefan Dargel aus Kassel leidet an Parkinson und engagiert sich für Betroffene in der Deutschen Parkinson-Vereinigung. © anna weyh

Stefan Dargel hat seit acht Jahren Parkinson. Mit der Selbsthilfegruppe ist der Baunataler am 11. April zum Welt-Parkinson-Tag in der Kasseler Galeria am Infostand.

Kassel – Es dauert einige Momente, bis Stefan Dargel den Deckel der Kaffeesahne öffnen kann. Seine Hände zittern, doch geduldig schüttet der 68-Jährige Milch und Zucker in seine Tasse. Stefan Dargel hat seit acht Jahren Parkinson. Mittlerweile ist die Krankheit deutlich fortgeschritten. Seinen Lebensmut hat der Mann, der zunächst in Kassel und mittlerweile in Baunatal lebt, in diesen Jahren jedoch nie verloren.

Motivation findet er zum Beispiel in seiner Tätigkeit als Regionalgruppenleiter der Deutschen Parkinson-Vereinigung. Diese veranstaltet nun am Dienstag, 11. April, zum Welt-Parkinson-Tag einen Infostand, an dem auch Riechtests zur Früherkennung von Parkinson in der Kasseler Galeria angeboten werden.

„Ich bin selbst Arzt. Die ersten Anzeichen bei mir habe ich eine Weile ignoriert“, sagt Stefan Dargel. Besonders bei emotionalen Stress-Situationen habe er mit zitternden Händen zu kämpfen gehabt. „Meine Handschrift wurde immer undeutlicher. Die Hände haben sich mehr verkrampft.“ Der gebürtige Schwabe leitete damals diagnostische Verfahren wie ein MRT ein, um etwa einen Tumor als Ursache ausschließen zu können. „Ich dachte mir schon, dass es Parkinson ist. In der Elena-Klinik hat man es mir dann auch bestätigt“, sagt Stefan Dargel.

Nach und nach musste er Arbeit an seine Kollegin in der Gemeinschaftspraxis abgegeben. „2017 habe ich ganz aufgehört, es ging nicht mehr.“

Zwei Jahre später hat er zur hiesigen Selbsthilfegruppe der Deutschen Parkinson-Vereinigung gefunden, in der er heute noch als Gruppenleiter aktiv ist. „Zuerst war ich unsicher. Man sieht in der Gruppe auch Menschen in einem weit fortgeschrittenen Stadium der Krankheit, das macht Angst“, sagt er. Schlussendlich haben für ihn aber die positiven Seiten überwogen – und tun es bis heute. „Man lernt auch Leute kennen, die gelernt haben, mit ihrer Situation umzugehen.“

Die Mitglieder unterstützen sich gegenseitig und helfen bei Entscheidungen. „Ich habe gemerkt, ich gehöre hierher. Ich kenne die Probleme des Arzt-Patienten-Verhältnisses von beiden Seiten und kann helfen“, so Stefan Dargel.

Zum Welt-Parkinson-Tag bieten Mitglieder der Kasseler Selbsthilfegruppe, die etwa aus 100 Leuten besteht, nun Riechtests für die Passanten an. „Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Menschen mit typischen Parkinson-Symptomen vier bis fünf Jahre herumlaufen, ohne dass die Krankheit diagnostiziert wird.“

Auch das Nachlassen des Geruchssinns zählt zu den frühen Symptomen für Parkinson. „Teilweise tritt das schon Jahre vor den anderen Symptomen auf“, so Stefan Dargel. Natürlich gebe es für den Verlust des Geruchsinns auch andere Ursachen. Es gehe bei der Aktion nicht darum, Parkinson zu diagnostizieren, sondern um die Gesellschaft weiter dafür zu sensibilisieren.

Stefan Dargel ist nicht nur als Regionalgruppenleiter, sondern auch als Schriftführer beim hessischen Landesverband der Deutschen Parkinson-Vereinigung tätig. „Das ist schon viel Arbeit, ich bin auch nicht jeden Tag gleich gut drauf.“ Denn inzwischen muss der 68-Jährige mehrfach am Tag seine Medikamente einnehmen.

Studie zur Früherkennung läuft in Elena-Klinik

Zur Früherkennung von Hirnkrankheiten hat 2022 auch die Elena-Klinik alle Personen aus Stadt und Landkreis Kassel zwischen 50 und 80 Jahren angeschrieben und um die Teilnahme an einer Online-Befragung gebeten. Dieser Bitte kamen 9000 Menschen nach, an 3000 von ihnen versendete die Klinik Riechtests. Die sollen dabei helfen, spezifische Risikofaktoren zu untersuchen. Derzeit laufen noch die Untersuchungen zur Studie „Gesund Altern“ in der Klinik. Einige Menschen sind dabei mit erhöhtem Risiko für Parkinson aufgefallen und werden weiter beobachtet. Erste Ergebnisse werden beim größten internationalen Parkinson-Kongress in Kopenhagen vorgestellt.

„Sie helfen noch gut, aber eben nicht mehr lange.“ Mit ihnen neige er zu sogenannten Überbewegungen – ohne die Medikamente könne er sich allerdings so gut wie gar nicht mehr bewegen. „Mir tut dann alles weh, und ich kann fast keine Bewegung mehr gezielt ausführen. Ohne die Medikamente wäre ich schon jetzt ein Pflegefall“, sagt Stefan Dargel.

Er lebt mit seiner Ehefrau zusammen, die ihn unterstützt. Er möchte aber so viel wie möglich noch allein schaffen. „Auch in fortgeschrittenen Erkrankungsfällen gibt es noch Therapien, die die Beschwerden bessern können.“ Diese seien aber aufwendig und müssen für den Einzelfall geprüft werden. „Das gibt mir Hoffnung. Es gibt noch Wege“, sagt der Baunataler.

Viele Menschen neigen dazu, sich mit einer chronischen Krankheit zurückzuziehen, sagt er. „Bei uns in der Gruppe lernt man, offensiver mit ihr umzugehen“, so Stefan Dargel. Ein gutes Team sei ihm wichtig. Am Dienstag, 11. April, ist dieses Team der Regionalgruppe von 11 bis 15 Uhr in der Galeria in Kassel am Infostand der Stadt vor Ort für persönliche Gespräche mit Betroffenen und Interessierten.

Informationen rund um das Thema Morbus Parkinson bekommen Betroffene und Angehörige auch am Mittwoch, 12. April, in der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel. In diesem Jahr wird anlässlich des Welt-Parkinson-Tages erstmals nach der Pandemie wieder ein Informationstag veranstaltet, heißt es in einer Mitteilung.

Von 14.30 bis 17.30 Uhr gibt es im Vortragssaal des Neubaus der Klinik Vorträge und praktische Hilfestellung für den Alltag von Parkinsonpatientinnen und Parkinsonpatienten. Die Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung ist notwendig bei Sandra Attendorn, Tel.: 01 51/21 08 87 83 oder per Mail unter sandra.attendorn@pkd.de Gäste seien beim Betreten der Klinik verpflichtet, eine FFP2-Maske zu tragen.

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