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Haft für Drogenhändler

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Kassel. Solche Sätze fallen im Gericht nicht alle Tage. „Mit dem Urteil kommen Sie verdammt gut weg“, wandte sich Richter Jürgen Dreyer an den Angeklagten. „Und das nur, weil sich der Herr Oberstaatsanwalt so für Sie eingesetzt hat.“

Zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe wegen Drogengeschäften verurteilte das Kasseler Landgericht den 27-jährigen Marihuana-Dealer. Das hatte auch Oberstaatsanwalt Dieter Wallbaum beantragt – nachdem er zunächst sogar eine noch geringere Strafe erwogen hatte.

Kronzeugenregelung

Die Erklärung für das ungewöhnliche Entgegenkommen steht in Paragraf 31 des Betäubungsmittelgesetzes: Wenn ein Beschuldigter auspackt und nicht nur sich selbst, sondern auch seine Zulieferer und Abnehmer ans Messer liefert, kann seine Strafe gemildert werden.

Diese besondere Kronzeugenregelung bei Drogendelikten müsse dem Angeklagten zugutekommen, meinte Wallbaum. „Er hat eine hervorragende, zutreffende, richtige Aussage gemacht, wie sie in dieser Ausführlichkeit selten ist.“ Fünf Bekannte, mit denen der 27-Jährige Geschäfte gemacht hatte, konnten deshalb bereits verurteilt werden; weitere Verfahren laufen.

Zwei der von ihm Angeschwärzten sah der Angeklagte nun im Gerichtssaal wieder. Ein 31-jähriger Kaufunger bekräftigte, dass ihm der Mann dreimal Amphetamin (Speed) verkauft hat, insgesamt mehrere Kilo, obwohl das eigentlich nicht das Kerngeschäft des 27-Jährigen war. Die Qualität, maulte der Kaufunger, sei entsprechend mies gewesen. „Eines kann ich sagen“, sagte der Zeuge, „er hat auf keinen Fall Ahnung von dieser Droge.“

Doch zum Ausgleich hatte der Kasseler Dealer dafür gesorgt, dass eine Freundin für den 31-Jährigen nach Holland fuhr, um besseren Stoff zu holen. Eine Tour, die die junge Frau zuvor auch schon viermal für den Angeklagten erledigt hatte. Insgesamt rund zehn Kilogramm Marihuana schmuggelte sie für ihn über die niederländisch-deutsche Grenze, ehe sie im August 2011 erwischt wurde.

„Es ging mir nicht um die Sache, nur um das Geld“, sagte die 22-Jährige im Zeugenstand. Rund 300 Euro habe sie für eine Fahrt bekommen – und dringend gebraucht, um ihr teures Hobby des Turniertanzens zu finanzieren. Trotzdem habe sie nie um Aufträge gebettelt, widersprach sie dem Angeklagten: „Um Gottes willen, nein.“ Als der 27-Jährige daraufhin detailliert nachfragte, verschanzte sie sich aber doch lieber hinter Erinnerungslücken und einem unwirschen „Schwachsinn“.

Dem Mann auf der Anklagebank konnte es egal sein. Als Kiffer seit Kindesbeinen, der zudem seit Jahren kokst, interessierte ihn nur eines: möglichst bald aus dem Knast in die Drogentherapie umziehen zu können. Dank des milden Urteils wird er darauf nicht mehr allzu lange warten müssen. (jft)

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