Radentscheid Kassel fordert: Schutzstreifen in Harleshausen müssen weg

Zu schmal, zu gefährlich: Die Radstreifen in Harleshausen geben nach Ansicht des Radentscheids eine trügerische Sicherheit
Harleshausen – „Eine Notsituation, die so nicht bleiben kann“: Zu dieser Einschätzung sind Mitglieder des Kasseler Radentscheids bei einer Erkundungsfahrt durch Harleshausen gekommen. Die Bedingungen für Radfahrer auf den Hauptstraßen im Stadtteil seien katastrophal. Die vorhandenen Radstreifen etwa entlang der Wolfhager Straße seien „Gefährdungsstreifen“, weil sie eine „trügerische Sicherheit“ vermittelten. Deshalb stellt der Radentscheid für Harleshausen eine für ihn eher untypische Forderung auf: „Diese Schutzstreifen müssen weg.“
Sascha Lange und Fynn Kammel haben jetzt im Harleshäuser Ortsbeirat das Ergebnis der Radentscheid-Erkundungsfahrt durch den Stadtteil vorgestellt. Die Ortsbefahrung führte sie im März von der Zentgrafenstraße (Drei Brücken)aus über die Wolfhager Straße bis zum Bahnhof Harleshausen, durch den Ortskern bis zur Ahnatalstraße und bis zum Bolzplatz an der Todenhäuser Straße.
Die Radentscheid-Vertreter stellten dabei fest, dass es in vielen Abschnitten der Wolfhager Straße überhaupt keinen Radstreifen gibt. Und dort, wo es ihn gibt, fängt er nicht selten unvermittelt an und hört nach wenigen Metern genauso unvermittelt wieder auf, wie zum Beispiel in Höhe des Bahnhofs, berichtete Sascha Lange. Meist seien die markierten Radstreifen so schmal, dass der geforderte Mindestabstand nicht eingehalten werden könne. Dies betreffe den gesamten Ortskern.
Fynn Kammel erinnerte die Ortsbeiratsmitglieder daran, dass nach einem Rechtsgutachten Radfahrer nur im seitlichen Abstand von mindestens 1,50 Meter von Autos und Lastwagen überholt werden dürften. Weil dies aufgrund der geringen Straßenbreite aber auch in Harleshausen nicht möglich ist, gelte auch für diese Abschnitte eigentlich ein Überholverbot, betonten Lange und Kammel. Daran gehalten wird sich aber zumeist auch in diesem Stadtteil nicht.
Die Radentscheid-Vertreter fordern daher, die vorhandenen Rads- oder Schutzstreifen umgehend zu beseitigen und „im gleichen Atemzug“ in diesem Bereich der Wolfhager und der Obervellmarer Straße die Geschwindigkeit von Tempo 50 auf 30 zu verringern. Die Karlshafener Straße soll zudem zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden, lautete eine weitere Empfehlung. Nach Wegfall der Radstreifen und nach Einführung von Tempo 30 müsse überlegt werden, wie der Radverkehr in den Straßenverkehr integriert werden könne, ohne dass er für die Radler eine Gefahr darstelle.

Tempo 30 im Ortskern Harleshausen für diese Bereiche der Wolfhager und Obervellmarer Straße sei auch Beschlusslage des Ortsbeirats, betonte dazu Ortsvorsteher Reinhard Wintersperger (SPD). Bislang sei diese Forderung aus dem Stadtteil aber ignoriert worden.
Während Andreas Hempel (Grüne) und Heinrich Wiedenfeld (Linke) vorschlugen, die Empfehlungen des Radentscheids als Antrag zu formulieren und darüber im Ortsbeirat abzustimmen, betonte Wintersperger, man dürfe „jetzt nicht alles übers Knie brechen“.
Auch die Sozialdemokraten Karin Hampel und Patrick Hartmann wollten zu den Forderungen oder Empfehlungen des Radentscheids an diesem Abend noch keinen Beschluss fassen. Die Radstreifen seien nicht gut, „aber immer noch besser als gar nichts“, sagte Rampel. Bei diesem Thema dürfe auch die geplante Verlängerung des Straßenbahnnetzes bis nach Harleshausen nicht vergessen werden, meinte Hartmann. Er schlug vor, zunächst die Radfahrbeschäftigte der Stadt dazu einzuladen. Das Thema Radfahren auf Hauptstraßen wird den Ortsbeirat Harleshausen also auch weiterhin beschäftigen.
(Andreas Hermann)