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Ukraine-Krieg: Sachspenden-Flut sorgt für Chaos – Logistik-Kollaps droht

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Von: Christina Hein

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Sachspenden für die Ukraine
Nicht jede Sachspende ist für die Opfer des Ukraine-Kriegs sinnvoll. (Symbolbild) © Andrew Matthews/dpa

Das Deutsche Rote Kreuz in Kassel bremst die Welle der Sachspendenbereitschaft für die Ukraine, weil Helfer vor Ort in ihrer Arbeit behindert werden könnten.

Kassel – Kassels DRK-Chef Holger Gerhold-Toepsch schlägt Alarm: „Wir werden von Hilfsangeboten und Sachspenden wie Kleider und Decken überrannt.“ Das Problem: Die Hilfen für die Ukraine seien gut gemeint, „aber wir können sie nicht zur guten Hilfe machen“.

Die Helfer des Deutschen Roten Kreuzes sind angesichts der Kriegshandlungen in der Ukraine in erhöhter Bereitschaft. Sie sind vorbereitet oder schon im Einsatz. Das trifft auch für die Mitglieder des DRK-Kreisverbands Kassel-Wolfhagen zu. „Wir sind nicht untätig und wissen genau, was zu tun ist.“ Allerdings, so betont Geschäftsführer Gerhold-Toepsch, sei man Teil einer weltweiten Gemeinschaft und Einsätze müssten entsprechend der Genfer Konventionen vom Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) zentral koordiniert werden. Alles andere sei kontraproduktiv und könne die Arbeit vor Ort gefährden. „Das IKRK hat das alleinige Mandat.“ Dessen strikte Ansage an die Landesverbände laute: Keine Einzelaktionen!

Ukraine-Krieg: Koordinierte Hilfe aus Kassel extrem wichtig

Die in Fritzlar stationierte Landesverstärkung des DRK ist bereits mit 88 Tonnen an Hilfsgütern – Decken, Isomatten, Taschenlampen und Power-Banks zum Laden von Handys – an die ukrainische Grenze gefahren. Im Unterschied zu Einsätzen in anderen Krisengebieten gebe es keine Flüchtlingscamps, die von Deutschland aus versorgt werden müssen.

Hilfsangebote wolle niemand demotivierend abblocken. „Wir brauchen die Unterstützung der Bevölkerung und rufen bei Bedarf zur Hilfe auf.“ Aber Gerhold-Toepsch und Sprecherin Gabriele Steiner warnen vor Aktionismus: Koordinierte Hilfe sei extrem wichtig. Ansonsten, so die Befürchtung des IKRK, drohe ein Logistik-Infarkt lebenswichtiger Versorgungslinien.

Holger Gerhold- Toepsch, DRK-Geschäftsführer
Holger Gerhold- Toepsch, DRK-Geschäftsführer in Kassel © Hein, Christina

Schon jetzt würden gut gemeinte, aber nicht abgestimmte Lieferungen die Lagerhäuser füllen und Transport- und Sortierkapazitäten binden. „Sie behindern die humanitäre Arbeit vor Ort“, so Gerhold-Toepsch. Die Zentralen des Polnischen und Ukrainischen Roten Kreuzes haben in einem Appell darauf hingewiesen, dass keinerlei Kapazitäten zur Annahme nicht abgesprochener und nicht angeforderter Hilfslieferungen und Unterstützungsangebote bestehen.

Kassels DRK-Chef: Geld spenden die bessere Alternative

Die Not der Menschen sei groß. Damit Hilfe aber tatsächlich ankomme, bitten die Schwestergesellschaften, die beanspruchten Hilfeleistungsstrukturen nicht zu blockieren. „Das Leid in der Ukraine wird uns noch lange fordern“, so Gerhold-Toepsch. „Was wir brauchen, ist Durchhaltevermögen angesichts der schon jetzt geflüchteten einer Million Menschen.“

Das DRK werde unabhängig von medizinischer Hilfe und Hilfstransporten viele Angebote vorhalten, angefangen bei Corona-Testungen über Blutspenden bis hin zu Leitungen des Internationalen Suchdienstes. Auch müssten Nachbarländer wie Moldawien, wo viele Geflüchtete landeten, unterstützt werden. „Wir schaffen das, wenn wir einen kühlen Kopf behalten.“ Statt Sachspenden könnte momentan besser Geld gespendet werden. „Das kann schnell und zielgerichtet in Hilfe umgesetzt werden“, so Gerhold-Toepsch. (Christina Hein)

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