Eine wichtige Rolle für die Entscheidung, endlich zu heiraten, spielte die Tatsache, dass bei Holger Ewen vor zwei Jahren überraschend ein Magengeschwür geplatzt ist. Er musste sich einer Not-OP unterziehen. Eigentlich hätte sein Freund keine Auskunft im Krankenhaus bekommen dürfen, weil die beiden nicht verheiratet waren. Anschließend machte Corona den Hochzeitsplänen einen Strich durch die Rechnung. Auch aus einem Sicherheitsgefühl heraus geben sich die beiden das Ja-Wort bei ihrer Trauung im Renthof.
Dass sie ausgerechnet am 22.2.22 heiraten, ist auf der Fahrt von Kassel zu den Eltern von Knut Krumbholz am 31. Dezember 2021 entstanden. Die beiden Männer unterhielten sich, dass dieses Datum doch eigentlich ganz cool sei. „Das ist doch schon in zwei Monaten, da kriegen wir doch keinen Termin mehr“, war die Reaktion von Knut Krumbholz. Davon ließ sich sein Freund nicht beirren. Holger Ewen buchte während der Fahrt den Trautermin mit seinem Handy. „Von der Schnelligkeit war ich dann doch überrascht“, sagt Krumbholz.
Was ist der Vorteil an dem Datum? „Man kann es sich gut merken“, sagt Ewen. „Mit Datenmerken sind wir beide nicht so gut“, fügt Krumbholz hinzu.
Im Renthof werden die beiden getraut. Das passiert im kleinen Rahmen. Nur die Familien und die besten Freunde werden anwesend sein. Dabei haben die beiden Männer, die bis zum Jahr 2018 den Christopher Street Day (CSD) in Kassel organisiert haben, einen großen Bekanntenkreis. Deshalb überlegen die beiden, im Sommer ihre Hochzeit mit einer Gartenparty nachzufeiern.
Kennengelernt haben sich die beiden übrigens im Juni 2006 an einem Badesee in Leipzig. Ewen war dort mit einem Freund, der ein Bekannter von Krumbholz gewesen ist. Dabei war auch ein Hund, über den die beiden zunächst kommuniziert haben. Es war keine Liebe auf den ersten Blick.
Am 3. Oktober 2006 trafen sich die beiden dann wieder. Zu dem Zeitpunkt wollten eigentlich beide keine feste Beziehung. Ewen wollte von Leipzig weg, und Krumbholz hatte keinen Bock auf eine Beziehung. „Wir haben beide richtig auf die Bremse getreten.“ Und sind dennoch ein Paar geworden.
„Irgendwann sind wir einfach zusammengewesen“, sagt Krumbholz, der beim Stationsmanagement von Condor in Frankfurt arbeitet und jeden Tag mit dem Zug an die Arbeit fährt. Ewen, der ursprünglich Koch gelernt hat, ist Filialleiter bei „Action“ in Bad Arolsen. Das Paar wohnt mit seiner Katze in einer Wohnung in der Tischbeinstraße.
Beim CSD haben die beiden in schrillen Kostümen als Gay-Jets durch das Programm geführt und richtig was losgemacht. Privat seien sie eher konservativ und zurückhaltend. „Wir sind wirklich stinknormal. Stehen morgens auf, kümmern uns um die Wäsche und die Katze. So wie ein stinknormaler Hetenhaushalt“, sagt Krumbholz.
Reisen ist die gemeinsame Leidenschaft der beiden Männer. „Es gibt viele Dinge, da ticken wir gleich“, sagt Ewen. „Bei anderen sind wir konträr.“ „Holger liebt Schokolade, ich hasse Schokolade, Holger liebt Horrorfilme, ich mag Komödien. Er steht auf die Musik der 70er und 80er, ich auf Eurodance-Trash aus den 90ern“, sagt Krumbholz. „Holger ist der Süße, ich bin der Herzhafte. Ich esse abends ein Stück Käse mit Oliven, er sitzt neben mir auf dem Sofa mit einem Marzipanbrot.“ Das hört sich doch sehr harmonisch an.
Der Mann soll den Hochzeitstag nicht vergessen – das ist wohl ein großer Wunsch vieler Ehepartner. Damit dieser Fauxpas nicht passiert, heiraten viele Paare an einem besonderen Datum – wie dem 2.2.2022 oder dem 22.2.2022. Doch den Bund fürs Leben an einem Schnapszahl-Tag einzugehen, bringt nicht unbedingt Glück – im Gegenteil.
Klaus Holub, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamten, bestätigt, dass an besonderen Daten besonders gern geheiratet wird. „Es ist schon mehr los als gewöhnlich“, erklärt er. Und das obwohl der Februar eigentlich nicht der klassische Hochzeitsmonat sei. Warum aber heiraten dennoch viele Paare gern an einem Tag mit besonderem Datum? Darauf weiß Wolfgang Krüger, Paartherapeut und Buchautor, die Antwort.
Er erklärt, warum sich Paare entscheiden, an einem besonderen Datum zu heiraten. Ein Grund sei dabei eher banal: „Die Frauen heutzutage sind sehr nüchtern: Sie wählen einen solchen Hochzeitstag, damit Männer den Tag nicht vergessen.“
Wissenschaftler der Universität Melbourne haben 2016 die Ehe- und Scheidungsregister in den Niederlanden über einen Zeitraum von 14 Jahren vergleichen. Sie fanden heraus, dass Ehen, die an einem speziellen Tag geschlossen wurden, ein deutlich höheres Scheidungsrisiko hatten.
So war die Gefahr, dass die Ehe in die Brüche geht, elf Prozent höher, wenn die Hochzeit am Valentinstag stattgefunden hatte. Und ein Scheitern war sogar um 18 Prozent wahrscheinlicher, wenn der vermeintliche Bund fürs Leben an einem Tag mit einer Schnapszahl, wie der 9.9.1999 oder eben der 22.2.2022, geschlossen wurde.
Auch aufpassen sollte man übrigens, wenn der Termin eine aufsteigende Zahlenfolge hat, wie etwa der 11.12.2013 – dann lag die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns um 13 Prozent höher.
Wer dennoch an einem besonderen Datum heiratet, muss aber nicht zwangsläufig mit Zwietracht und Scheidung rechnen. Krüger selbst hat seine Frau am 17.7.2017 geheiratet – und die beiden sind bis heute ein glückliches Ehepaar. (Ulrike Pfüger-Scherb mit dpa)