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Kassels OB Georg Lewandowski verlor 2005 in der Stichwahl – wenig Verständnis für Geselle

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Politik verfolgt er nur noch aus der Zeitung: Georg Lewandowski lebt mit seiner Frau Irma, Tochter und Enkeltochter unter einem Dach.
Politik verfolgt er nur noch aus der Zeitung: Georg Lewandowski lebt mit seiner Frau Irma, Tochter und Enkeltochter unter einem Dach. © ULRIKE PFLÜGER-SCHERB

Bisher gab es in der Geschichte der Stadt Kassel erst einmal eine Stichwahl bei der Suche nach einem Oberbürgermeister. Das war im Jahr 2005, als Amtsinhaber Georg Lewandowski (CDU) am Ende gegen Bertram Hilgen (SPD) unterlag.

Kassel – „Wenn ich für etwas antrete, dann muss ich es auch durchziehen“, sagt Georg Lewandowski (78). Kassels früherer Oberbürgermeister (1993 bis 2005) hat kein Verständnis dafür, dass Kassels noch amtierender OB am Sonntag in der Stichwahl nicht antreten wird. Christian Geselle hatte nach dem ersten Wahlgang, bei dem er die meisten Stimmen bekommen hatte, am Sonntag vor einer Woche seinen Rückzug angekündigt.

Das wäre für ihn im Jahr 2005 nicht in Frage gekommen, sagt Lewandowski. Vor 18 Jahren war der Christdemokrat Lewandowski gegen den Herausforderer Bertram Hilgen (SPD) in die Stichwahl bei der OB-Wahl in Kassel gekommen. „Ich hatte zwar die meisten Stimmen, war aber enttäuscht, dass es zur Stichwahl gekommen ist. Ich dachte, ich hole das“, sagt Lewandowski rückblickend. Es kam anders.

Auch Geselles Argumente, dass dessen Familie im Wahlkampf bedroht worden ist, beeindrucken den Christdemokraten nicht. „Auch ich war persönlichen Anfeindungen im Amt ausgesetzt“, sagt der 78-Jährige. „Zwei meiner Autos wurden vor der Haustür mit Säure übergossen. Meine Hauswand in Oberzwehren wurde beschmiert. Meine Frau hatte auch Angst.“ Kassels früherer OB berichtet davon, dass er einmal auch persönlich angegriffen worden ist, als er die Räumlichkeiten des Offenen Kanals verlassen hat. „Da bin ich mit irgendeinem Zeug übergossen worden. Meine schöne neue Jacke war hin.“ Auch er habe damals Personenschutz bekommen.

Aus der Politik selbst hat sich Lewandowski schon lange zurückgezogen. Er verfolge das Geschehen in der Stadt nur noch über die Zeitung. Wie beurteilt er das Abschneiden der Kandidaten bei der OB-Wahl? „Die Stimmung war nicht für die CDU und offenbar auch nicht für Eva Kühne-Hörmann.“ Er habe sie natürlich gewählt, aber keinen Wahlkampf für sie gemacht, so der 78-Jährige.

Die drei ehemaligen Oberbürgermeister mit SPD-Parteibuch, Hans Eichel, Wolfram Bremeier und Bertram Hilgen, hätten in ihrer Partei aber wohl auch kein Gewicht mehr, sagt Lewandowski. Schließlich habe die Kandidatin Isabel Carqueville, die die drei unterstützt haben, nicht gut abgeschnitten. Er wundere sich, dass die Frau, die so gut wie keine kommunalpolitische Erfahrung habe, überhaupt aufgestellt worden sei.

Mit Christian Geselle habe er während der vergangenen sechs Jahre keinen Kontakt gehabt, sagt Lewandowski. „Ich bin kein Fan von ihm. Er war mir gegenüber nicht immer fair.“ Lewandowski spricht von der Zeit, als er und Geselle beide Stadtverordnete gewesen sind.

Gratulation nach der Stichwahl: Irma (von links) und Georg Lewandowski 2005 mit Margit Berghof-Becker und deren Mann Bertram Hilgen. ARCHI
Gratulation nach der Stichwahl: Irma (von links) und Georg Lewandowski 2005 mit Margit Berghof-Becker und deren Mann Bertram Hilgen. © Jochen Herzog

Und was ist mit Sven Schoeller? Den Grünen kenne er nicht persönlich, sondern nur aus der Zeitung. „Das, was ich über ihn lese, finde ich in Ordnung. Ich glaube, dass er das machen wird“, sagt Lewandowski. Schoeller habe ja schon angekündigt, dass er als Oberbürgermeister die Menschen in der Stadt wieder einen wolle.

„Ausgleichen, das muss man als Oberbürgermeister in Kassel. Das war mir damals auch klar“, sagt Lewandowski. In der sozialdemokratisch geprägten Stadt habe er als Christdemokrat auf die Leute zugehen müssen.

Für Georg Lewandowski ist es selbstverständlich, dass er am Sonntag zur Stichwahl geht. Ob er für Schoeller mit „Ja“ stimmt, das verrät er aber nicht. „Das ist Wahlgeheimnis.“ Allerdings vertritt Lewandowski nicht die Ansicht, dass es unbedingt Neuwahlen in Kassel geben müsse. „Neuwahlen sind aus meiner Sicht albern.“ Die wären erforderlich, wenn der 50-jährige Schoeller am Sonntag nicht die Mehrheit bei der Stichwahl ohne Gegenkandidaten bekommt.

Lewandowski ist seit 18 Jahren als OB im Ruhestand. Er genießt sein Leben. „Ich habe Glück gehabt“, sagt der 78-Jährige, bei dem vor zehn Jahren Krebs diagnostiziert worden ist. Seitdem bekommt er alle vier Wochen Chemo. „Mein Arzt hat die Krankheit im Griff.“ Darüber hinaus hat er Operationen an den Augen hinter sich, kürzlich hatte er einen Eingriff an der Wirbelsäule. Lewandowski und seine Frau Irma wohnen mit ihrer Tochter und einer Enkeltochter unter einem Dach in Oberzwehren. „Man versteht sich, unsere Tochter kümmert sich um alles.“ Er weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Über Ostern fahren alle zusammen zu der zweiten Enkeltochter nach Freiburg. Und im Sommer macht die ganze Familie dann wieder Urlaub in Griechenland. (use)

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