Verdi-Warnstreik in Kassel: „Ihr haltet die Kommunen am Laufen“
Die Straßenbahnen und Busse standen still, die Hallenbäder waren dicht und der Müll wurde nicht abgeholt. Verdi hatte in Kassel zu einem Warnstreik aufgerufen.
Kassel – „Ihr seid es, die die Kommunen am Laufen halten. Dafür habt ihr nicht so blöde Sprüche verdient, sondern Respekt, auch in Form von mehr Geld“, sagte Christoph Schmitz, Mitglied im Verdi-Bundesvorstand, am Mittwochmittag (22. März) auf dem Königsplatz in Kassel. Schmitz war Hauptredner auf der Kundgebung anlässlich des Warnstreiks im öffentlichen Dienst.
Mit dem „blöden Spruch“ spielte Schmitz auf Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), an. Der hatte kürzlich in einem Interview gesagt „Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit.“
Mit Blick auf die Bediensteten im öffentlichen Dienst sei solch ein Spruch „eine Unverschämtheit“, „ein Tritt in den Arsch der Kollegen“, so Schmitz. Wer so etwas sage, der ignoriere, dass sich die Mülltonnen nicht von zu Hause auf dem Homeoffice leeren ließen. Solch einem „Arbeitgeber-Fuzzi“ sei es egal, dass „die Kollegen in den Kommunen auf dem Zahnfleisch gehen“.

Verdi-Warnstreik in Kassel: Große Kundgebung auf dem Königsplatz
Solche markigen Sprüche belohnten die Teilnehmer der Kundgebung mit Applaus und Lärm, der durch Trillerpfeifen und Rasseln erzeugt wurde. Wie viele Demonstranten gestern in Kassel auf die Straße gingen, darüber gab es sehr unterschiedliche Angaben. Axel Gerland, Verdi-Bezirksgeschäftsführer, sprach von 5000 Teilnehmern auf dem Königsplatz. Die Polizei gab die Zahl der Demonstrierenden mit lediglich 2500 Menschen an.
Beteiligt an dem Warnstreik in Kassel hatten sich laut Gewerkschaft alle Landkreisverwaltungen, die Stadt Kassel, die Hauptverwaltung des LWV und 26 weitere Kommunen, die GNH mit ihren Betrieben und sechs weitere Einrichtungen des Gesundheitswesens, die KVG, die Stadtreiniger, Kasselwasser, die Städtischen Werke und weitere Dienststellen aus dem Umland.
Am Morgen hatten sich die Streikenden am Klinikum Kassel, dem KVG-Betriebshof an der Sandershäuser Straße und vor den Städtischen Werken am Königstor getroffen, um in drei Demonstrationszügen über den Altmarkt zum Königsplatz zu ziehen.
Verdi-Warnstreik in Kassel: Gewerkschaft fordert mindestens 500 Euro mehr Lohn
Mit Blick auf die Inflation, die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie, fordert Verdi für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent beziehungsweise mindestens 500 Euro mehr.
„Ohne Mindestbetrag wird es in dieser Tarifrunde kein Ergebnis geben“, kündigte Schulz an. Aydan Karakas-Blutte, Gesamtpersonalratsvorsitzenden der Stadt Kassel, gehört der Bundestarifkommission von Verdi an, und fährt am Sonntag wieder zu den Verhandlungen nach Potsdam.

Die Verhandlungen dort würden nicht einfach werden, kündigte die Sozialarbeiterin auf der Bühne an. Der Staat sollte sich das Geld von jenen holen, die durch die Krisen so viel verdient haben.
Verdi-Warnstreik in Kassel: „Dann ist es an der Zeit, zu sagen: Es reicht!“
Unterstützung gab es auch von der DGB-Kreisvorsitzenden Jenny Huschke. „Wenn am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist, dann ist es an der Zeit zu sagen: Es reicht.“ Bundeskanzler Olaf Scholz habe vor einem Jahr ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt, so Huschke. Dafür habe es einen „politischen Willen“ gegeben. „Der fehlt bei der Bewertung eurer Arbeit“, rief sie den Demonstranten zu.
Bezirksgeschäftsführer Gerland warnte mit Blick auf Entwicklungen in England und Frankreich vor einer generellen Schwächung der Gewerkschaften. Die CDU-Mittelstandsvereinigung bezeichnete er als „halbrechtsradikale Vereinigung“, die versuche, in Deutschland das Streikrecht einzuschränken. Demnach sollten künftig an einer Urabstimmung nicht nur Verdi-Mitglieder, sondern alle Beschäftigten teilnehmen dürfen. (use)