Beim Gas wird es trotz Sondertarif teurer. Eine vierköpfige Familie mit 100 Quadratmetern Wohnfläche muss mit Mehrkosten von etwa 330 Euro im Jahr rechnen. Die Abschläge sollen automatisch angepasst werden, damit es zu keinen hohen Nachzahlungen kommt.
Für 4000 Strom- und 2000 Gas-Neukunden, die in vielen Fällen wegen der Pleite ihrer vorigen Versorger teurere Tarife beim Grundversorger zahlen mussten, wirkt die Tarifanpassung entlastend. Sie zahlen Hunderte Euro weniger im Jahr. Die Preissplittung zwischen Neu- und Bestandskunden wollen die Städtischen Werke wegen gerichtlicher Urteile nicht beibehalten.
Unterdessen plant Geselle einen städtischen Energiekostenzuschuss für alle Kasseler. Details sollen nun mit den Vorsitzenden der Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung besprochen werden. Geselle kündigte einen Nachtragshaushalt an.
Wie verändern sich die Preise in Sachen Strom für Bestandskunden?
Für die Bestandskunden erhöhen sich die Preise ab dem 1. Juni in der Grundversorgung um 7,81 Cent pro Kilowattstunde – von 31,24 auf 39,05 Cent. Das bedeutet für einen Ein-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 1500 Kilowattstunden, dass im Monat rund 10 Euro Mehrkosten anfallen.
Für einen Vier-Personen-Haushalt im Eigenheim mit einem Verbrauch von 4500 Kilowattstunden bedeutet dies eine Erhöhung von knapp 30 Euro im Monat. Allerdings halbieren sich diese Mehrkosten annähernd, wenn im Juli die EEG-Umlage wegfällt.
Gibt es eine Möglichkeit, den Preis noch zu senken?
Ja. Dazu muss der Kunde aktiv in den Sondertarif wechseln und sich ein Jahr an die Städtischen Werke binden. Der Vertrag läuft dann vom 1. Juni 2022 bis zum 31. Mai 2023. Wer das macht, für den fällt die Preiserhöhung moderater aus. Sie liegt dann nur noch bei 4,03 Cent pro Kilowattstunde.
Der Preis für eine Kilowattstunde beträgt dann 35,27 Cent. Mit dem Wegfall der EEG am 1. Juli zahlen die Bestandskunden in dem Sondertarif somit sogar weniger als derzeit. Der Preis pro Kilowattstunde beträgt für sie dann 30,84 Cent. Für den Ein-Personen-Haushalt bedeutet dies eine Ersparnis im Monat von 50 Cent, für den Vier-Personen-Haushalt im Eigenheim eine Ersparnis von knapp 1,50 Euro.
Und wie sieht die Entwicklung für die Neukunden aus?
Annähernd 4000 Neukunden verzeichnen die Städtischen Werke im Bereich Strom noch, die seit Ende des vergangenen Jahres zu ihnen als Grundversorger gekommen sind. Sie mussten bisher wesentlich höhere Tarife zahlen als die Bestandskunden. Dieses Tarifsplitting ist rechtlich durchaus umstritten. Die Städtischen Werke bieten daher ab dem 1. Juni nur noch einen Tarif an.
Für die Neukunden bedeutet dies in jedem Fall eine Preisreduzierung – Sondertarif hin, Sondertarif her. Wegfall der EEG-Umlage hin, Wegfall der EEG-Umlage her. Denn: Derzeit müssen die Neukunden 58,79 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Wechselt der Neukunde nun in den Sondertarif, wird er ab Juli nach dem Wegfall der EEG-Umlage 27,95 Cent pro Kilowattstunde sparen. Ein Vier-Personen-Haushalt im Eigenheim kommt so auf eine Ersparnis im Jahr von gut 1250 Euro.
Wie verändern sich die Preise in Sachen Gas für Bestandskunden?
Für Bestandskunden in der Grundversorgung erhöht sich der Preis um 4,39 Cent pro Kilowattstunde – von 7,77 auf 12,16 Cent. Bei einer Wohnfläche von 180 Quadratmetern und einem entsprechenden Verbrauch hat das nach einer Beispielsrechnung eine monatliche Zunahme der Kosten in Höhe von etwas mehr als 73 Euro zur Folge.
Gibt es auch hier die Möglichkeit, den Preis noch zu senken?
Ja, das ist wie beim Strom auch. Es gibt die Möglichkeit, aktiv in den Sondertarif zu wechseln und sich damit ein Jahr an die Städtischen Werke zu binden. Dann fällt die Preiserhöhung geringer aus. Sie liegt hier bei 2,76 Cent pro Kilowattstunde, die in diesem Tarif 10,53 Cent kostet – das alles für den Zeitraum vom 1. Juni 2022 bis zum 31. Mai 2023.
Und was ändert sich für die Neukunden?
Auch beim Gas reduziert sich für sie der Preis, der aktuell bei 17,48 Cent pro Kilowattstunde liegt. Wechselt der Neukunde nun in den Sondertarif, beträgt die Ersparnis für ihn 6,95 Cent pro Kilowattstunde. Bei einer Wohnfläche von 180 Quadratmetern und einem entsprechenden Verbrauch – so geht die Beispielsrechnung – kann so im Jahr eine Ersparnis von fast 1400 Euro herauskommen.
Was ist noch zu beachten?
Die genannten Preise gelten nur für Kasseler und damit nicht für auswärtige Kunden der Städtischen Werke. Mit den neuen Preisen ändert sich auch die Höhe der Abschläge. Dies erfolge automatisch, sagt Olaf Hornfeck, Vorstand der Städtischen Werke. Festzuhalten ist auch: An den Grundpreisen ändert sich nichts. Beim Strom liegt dieser Grundpreis bei 150,67 Euro im Jahr, für Gas beträgt er 143,35 Euro im Jahr, hier kommt auch eine Verrechnungsgebühr von 29,20 Euro hinzu.
Ist nach Änderung der Energiepreise mit Unterstützung der Stadt zu rechnen?
Durchaus. Oberbürgermeister Christian Geselle hat angekündigt, einen städtischen Energiezuschuss für die Menschen in Kassel auf den Weg bringen zu wollen – in Anlehnung an das „Kopf hoch, Kassel“-Programm während der Corona-Pandemie. Deshalb wird es wohl auch einen Nachtragshaushalt geben. Details nannte er allerdings nicht. Es sollen nun Gespräche mit den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung stattfinden. Die muss das schließlich entscheiden.
Wie sind die Reaktionen auf Geselles Ankündigung?
„Die Idee ist gut“, sagte Steffen Müller, der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Auch Michael von Rüden, Vorsitzender der CDU-Fraktion kann sich mit dem Gedanken anfreunden. Er sagte: „Wir werden versuchen, einen Konsens zu finden, aber nicht um jeden Preis.“
Müller und von Rüden äußerten allerdings Unverständnis darüber, dass sie bisher von Geselles Plänen nichts wussten. „Das Vorgehen macht die Spielräume der Fraktionen kleiner“, sagt von Rüden. Müller nannte das Vorgehen erstaunlich.
(Bastian Ludwig und Florian Hagemann) Zwar steigen die Gaspreise in Kassel. Doch viele Menschen in und um Kassel wollen ohnehin unabhängig von Gas und Öl werden.