Boxcamp: Mit jedem Schlag mehr Selbstvertrauen
Kassel. Langsam schlägt Okan mit den roten Boxhandschuhen auf den Sandsack ein, den sein Kumpel Ibrahim festhält. „Feuer“, brüllt Trainer Pit Gräber und zieht das Wort in die Länge.
Mit voller Kraft schlägt der 18-jährige Okan jetzt mit Tempo zu. Die „Feuerrunde“ nennt das Gräber, Leiter des Boxcamps. Dem 47-Jährigen läuft der Schweiß über das Gesicht. Der Sozialarbeiter mit den tätowierten Unterarmen trainiert immer selbst mit.
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Seit dem Jahr 2000 besteht das Camp in der Kasseler Nordstadt, das vom Internationalen Bund ins Leben gerufen wurde. Gräber ist seit Anfang an dabei und leitet es seit neun Jahren.
Die Jugendlichen kommen überwiegend freiwillig in die Hegelbergstraße. Manche aber auch nicht. Sie werden zum Ableisten ihrer Sozialstunden ins Boxcamp zu Gräber geschickt, der selbst eine bewegte Vergangenheit hatte. „Ich war stark drogenabhängig“, sagt er. Doch das ist 19 Jahre her.
Jede Woche trainieren fast täglich rund 30 Jugendliche ab zwölf Jahren unter dem Motto des Präventionsprojekts: „O.K boxen statt K.O boxen“. Sie sollen sich durch das kostenlose Training besser fühlen, das Selbstwertgefühl steigern. „Und die, die sich zu toll fühlen, holen wir hier ein wenig runter“, sagt Gräber. Außer dem Boxen stehen aber auch Kraftsport, Fitness und Lauftreffs auf dem Programm. Für Mädchen gibt es extra Angebote.
Rap soll motivieren
Ruslan Hodorovski kam vor drei Jahren ins Boxcamp. Eine Lehrerin schickte ihn her. „Sie meinte, dass ich zu schüchtern bin“, sagt der 25-Jährige, der in einer Kindertagesstätte in Hofgeismar als Hauswirtschaftshelfer arbeitet. „Ruslan war sehr ruhig, dabei hat er viele Talente“, sagt Gräber. Eines davon ist die Musik, genauer gesagt das Rappen.
Der gebürtige Ukrainer mit dem Künstlernamen „R-Crime“ hat einen Song über das Boxcamp geschrieben und ein Video aufgenommen. Das Ziel: Jugendliche zu motivieren, gemeinsam zu boxen. „Die Leute sollen ihre Wut hier rauslassen und sich nicht auf der Straße prügeln“, sagt Ruslan. Warum der Künstlername „R-Crime“? Er sei zwar mit sechs Jahren nach Deutschland gekommen. „Aber ich habe die Gewalt und die Kriminalität in der Ukraine mitbekommen“, sagt der 25-Jährige.
„Das R steht für meinen Namen und Crime für Kriminalität.“ Einige Auftritte hatte er schon mit seinen Songs, die zum Beispiel vom Leben im Philippinenhof handeln. Die frühere Zurückhaltung schwindet immer mehr. Denn weitere Auftritte sind schon geplant. (mho)
Mehr Infos und den Rap gibt es unter www. ib-boxcamp.de