Kassel: 75 Euro für jeden – so soll der Energiezuschuss funktionieren

Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) will einen Energiezuschuss für jeden Kasseler. Die Grünen halten das 15-Millionen-Euro-Paket für sozial unausgewogen.
Kassel – Bevor Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) Details zu seinem geplanten Energiezuschuss öffentlich vorstellt, hat er die Fraktionsvorsitzenden über sein Vorhaben informiert – und zwar am Montag mündlich im Rathaus. Ein paar Eckpunkte nannte er gestern auch gegenüber unserer Zeitung.
Geselle rechnet dabei mit Kosten von etwas mehr als 15 Millionen Euro, wenn den Zuschuss alle beantragen. Diesen Zuschuss könne jeder beantragen, der seinen Hauptwohnsitz in Kassel hat. Das Ganze gelte pro Einwohner. Das würde also bei einer Gesamtausgabe von rund 15 Millionen Euro und etwas mehr als 200 000 Einwohnern bedeuten, dass jeder 75 Euro erhalten würde.
Geselle sagt: „Den Betrag können wir uns leisten.“ Zudem betont der Oberbürgermeister: „Es ist vorgesehen, dass der Energiezuschuss auf Transferleistungen nicht anrechenbar ist. Das heißt, Empfänger müssen den Zuschuss nicht wieder abgeben.“
Geselle spricht von einer ruhigen und sachlichen interfraktionellen Sitzung: „Mein Eindruck war, dass es eine positive Haltung dem gegenüber gibt.“ Verborgen geblieben ist Geselle aber auch nicht, dass es ein kritisches Statement gegeben hat. Das sei von den Grünen gekommen, dem Koalitionspartner der SPD im Rathaus.
Fraktionsvorsitzender der Kasseler Grünen hält Zuschuss „für nicht zustimmungsfähig“
Tatsächlich konnte Geselle die Grünen während der Sitzung nicht überzeugen. Steffen Müller, deren Fraktionsvorsitzender im Rathaus, bezeichnet den Energiezuschuss nach der Veranstaltung mit dem Oberbürgermeister gegenüber der HNA als „ein über 15 Millionen Euro teures Wahlgeschenk: Es wirkt, als erhoffe sich Geselle dadurch Wählerstimmen.“ Müller spielt dabei auf die Oberbürgermeisterwahl im kommenden März an.
Der Vorsitzende der größten Fraktion im Stadtparlament hält das Konzept für sozial nicht gerecht, da es ohne Abstufung nach dem Gießkannenprinzip funktioniere: „Auch Leute, die extrem viel verdienen, können den Zuschuss beantragen. Bei den Menschen, die es extrem nötig haben, wird es hingegen nicht in dem Ausmaß ankommen.“ Auch andere Grüne zweifeln, ob sich die Stadt das 15-Millionen-Euro-Paket leisten kann. Bislang haben die Fraktionen keine Unterlagen zu Geselles Vorschlag erhalten, wie sie sagen. Mit den Informationen, die bislang vorliegen, hält Müller den Zuschuss derzeit „für nicht zustimmungsfähig“.
Sollten die Grünen mit Nein stimmen, käme es unter anderem auf die CDU in der Stadtverordnetenversammlung an. Deren Fraktionsvorsitzender Michael von Rüden hatte schon vor der Sitzung am Montag deutlich gemacht, dass er die Idee grundsätzlich gut findet: „Eine Unterstützung für die Einwohner Kassels in dieser Situation könnte von uns mitgetragen werden.“
CDU-Politiker dankt Kasseler Oberbürgermeister – habe seinem „Wunsch entsprochen“
Ein abschließendes Urteil habe sich seine Fraktion bislang jedoch noch nicht gebildet, da Geselle das Modell nur im Groben vorgestellt habe. Bei der Fraktionssitzung am nächsten Montag wolle man eine gemeinsame Linie finden. Eine Woche später wird der Energiezuschuss wie auch der Nachtragshaushalt im Parlament Thema sein. Das wäre am 16. Mai. Eine Abstimmung darüber ist für den 18. Juli geplant.
Von Rüden lobt derweil Geselle, weil der eine andere Forderung von ihm aufgegriffen habe. Zuletzt hatte der Christdemokrat kritisiert, dass der Oberbürgermeister „Entscheidungen trifft, ohne uns, die Stadtverordneten, zu informieren“. Mit der Einberufung des Gremiums am Montagabend im Rathaus habe er nun „meinem Wunsch entsprochen“, sagt von Rüden.
Geselle wirbt nun weiter für seinen Vorschlag und hofft auf Zustimmung. Er sagt aber auch: „Letztlich müssen die Stadtverordneten darüber entscheiden, ob wir das machen.“ (Florian Hagemann und Matthias Lohr)