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Bundeswehr auf Jobmesse der Uni Kassel unerwünscht – Kritik von Politikern und Studierenden

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Von: Katja Rudolph, Denise Dörries

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An der Universität Kassel findet eine Karrieremesse mit über 50 Unternehmen statt. Die Bundeswehr ist nicht dabei. Weil sie nicht erwünscht ist.

Kassel – An der Universität Kassel findet die zweitägige Firmenkontaktmesse „meet@uni-kassel“ statt. Mehr als 50 Unternehmen präsentieren sich dabei als Arbeitgeber. Gern dabei gewesen wäre auch die Bundeswehr. Doch das hat die Uni abgelehnt.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schwarz aus Bad Arolsen (Kreis Waldeck-Frankenberg), Mitglied im Verteidigungsausschuss, hatte von dem Ausschluss der Bundeswehr erfahren. Zusammen mit der Studentenorganisation RCDS Hessen übt Schwarz scharfe Kritik daran. Gerade vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und der gestiegenen Bedeutung von Sicherheit sei die Haltung der Hochschule sehr verwunderlich, so Schwarz.

Teilnahme von vornherein nicht erwünscht: Keine Bundeswehr auf der Jobmesse der Universität Kassel

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz nach Russlands Angriff auf die Ukraine propagierte Zeitenwende müsse auch in den Universitäten ankommen, fordert Schwarz: „Meinungsfreiheit sowie die Freiheit von Wissenschaft und Forschung sind grundlegende Bestandteile unserer Demokratie, die aber eben genau von der Bundeswehr verteidigt wird.“

Die Bundeswehr teilte auf HNA-Anfrage mit, dass ihre Teilnahme an der Veranstaltung „von vornherein nicht erwünscht“ gewesen sei. Bei der telefonischen Absage der Uni Kassel sei darauf verwiesen worden, „dass die Universität beziehungsweise die Studierendenvereinigung sich gegen eine Zusammenarbeit mit jeglicher Rüstungsindustrie und der Bundeswehr ausgesprochen hat“, teilt eine Presseoffizierin des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr mit. Die Entscheidung der Hochschulleitung respektiere man, wenngleich sie „sehr bedauerlich“ sei.

Eine Plakatwerbung der Bundeswehr an der Haltestelle Bebelplatz.
Darf im öffentlichen Raum werben, aber nicht an der Uni Kassel: Plakatwerbung der Bundeswehr an der Haltestelle Bebelplatz. © Florian Hagemann

Keine Bundeswehr auf der Jobmesse der Universität Kassel: Kein Arbeitgeber wie jeder andere

Die Bundeswehr habe sowohl im zivilen Bereich der Wehrverwaltung als auch im militärischen Bereich der Streitkräfte einen Bedarf an Fach- und Führungskräften mit verschiedensten akademischen Abschlüsse.

Auf Anfrage der HNA bestätigte Uni-Sprecher Sebastian Mense am Anfang der Woche, dass die Bundeswehr an der aktuellen Firmenkontaktmesse nicht teilnimmt. Auch in der Vergangenheit sei die Bundeswehr nicht dabei gewesen. Am Mittwoch schickte die Uni dann eine weitere Mitteilung zu dem Thema und wies darin erstmals darauf hin, dass die Bundeswehr in Zukunft an der Messe teilnehmen könne. „Die Anfrage für eine Teilnahme 2023 kam, bevor dieser Meinungsbildungsprozess abgeschlossen war“, teilte der Uni-Sprecher mit. Und: „Die Bundeswehr ist keine Arbeitgeberin wie jedes Unternehmen, daher haben wir uns Zeit für eine Entscheidung genommen.“

Kritik an der Karriereberatung der Bundeswehr an der Universität Kassel

Der Bad Arolser CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schwarz übt scharfe Kritik am Verhalten der Universität und verweist in dem Zusammenhang darauf, dass sie erst kürzlich die Zusammenarbeit mit den Kasseler Rüstungsunternehmen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann (KMW) im Dualen Studienprogramm aufgekündigt hat. Dies begründete die Hochschule mit der bestehenden Zivilklausel, einer Selbstverpflichtung zu ausschließlich friedlichen und zivilen Zwecken von Forschung und Lehre. „Diese Vorfälle sprechen für eine strukturelle Ausgrenzung von jeder Institution, die im militärischen Kontext steht“, heißt es in der Pressemitteilung. Schwarz und die Studentenorganisation RCDS Hessen sehen eine „ideologisch geprägte Diskriminierung“ seitens der Universität.

Unisprecher Sebastian Mense erklärt dazu, dass die aktuelle Entscheidung nicht in Zusammenhang mit der Zivilklausel stehe. „Bei der Bundeswehr handelt es sich um die Streitkräfte unseres demokratisch-freiheitlichen Staates. Sie dient letztlich dazu, Freiheit und Frieden zu sichern. Die Zivilklausel ist eine freiwillige Selbstverpflichtung auf friedliche und zivile Zwecke in Forschung und Lehre. Sie bezieht sich auf Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Unternehmen.“

Bundeswehr-Karriereberatung an der Uni Kassel wird kritisiert – anderswo geht es weiter

Auch an anderen Hochschulen finden Karrieremessen statt. Die in Kassel wird von der IQB Career Services GmbH (Frankfurt) mitorganisiert, die auf Personalgewinnung im Hochschulumfeld spezialisiert ist. Dort hieß es, dass es insbesondere in Hessen mehrere Hochschulen gebe, die eine Teilnahme der Bundeswehr ablehnten – darunter neben Kassel auch Gießen und Frankfurt. Der Großteil der Hochschulen bundesweit, mit denen man zusammenarbeite, habe aber mit der Bundeswehr kein Problem, so die Auskunft bei IQB Career Services.

Kritik an der Karriereberatung der Bundeswehr an der Uni Kassel – so ist das an den Schulen

Auch bei Berufsinformationstagen (BIT) an Kasseler Schulen gab es in der Vergangenheit Diskussionen und Protest, weil sich dort die Bundeswehr präsentierte. An der Jacob-Grimm-Schule (JGS) stellt die Bundeswehr ihre Arbeit und Karrierechancen auf den Infotagen vor. Organisatorin der Infotage an der JGS Heike Haschen begründet das so: „Wir versuchen, ein breites Spektrum an Berufen abzubilden.“ Auch das hohe Interesse der Schüler spreche für einen Infostand der Bundeswehr. Dieser findet aber nicht bei allen Zuspruch: „In der Schülervertretung wird dieses Thema sehr kontrovers diskutiert“, sagt Haschen. Auf dem vergangenen Infotag habe es sogar eine Demonstration gegen den Auftritt der Bundeswehr gegeben. Auch die BIT der Albert-Schweitzer-Schule, des Friedrichsgymnasiums, des Goethegymnasiums, der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule und des Wilhelmsgymnasiums werden von der Bundeswehr besucht. Die aufgelisteten Gymnasien veranstalten den Tag im Schulverbund. „Kritische Diskussionen darüber gab es nicht“, stellt Jan Meichßner, Lehrer am Wilhelmsgymnasium, klar.

Die Herderschule lädt die Bundeswehr nicht zu den Infotagen ein. „Die Schulleitung hat sich generell dagegen entschieden. Die ethischen Gründe hierfür liegen auf der Hand“, erläutert Marion Stengel, Schulkoordinatorin der Herderschule. Auch die Tatsache, dass die Bundeswehr Werbung mit unverhältnismäßigen Mitteln betreibt, sieht Stengel kritisch. (Katja Rudolph, Denise Dörries)

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