Jüdisches Museum entsteht an Ludwig-Mond-Straße

Kassel. Im ehemaligen Haus St. Michael an der Ludwig-Mond-Straße tut sich etwas: Wo bis Ende 2013 Fortbildungen und Seminare der katholischen Kirche stattfanden, entsteht derzeit ein Jüdisches Museum und Veranstaltungshaus.
Es soll bereits in diesem Frühjahr eröffnen.
Ilana Katz, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Kassel und Inhaberin des Pflegedienstes PSH, hat das Gebäude im vergangenen Jahr von der katholischen Kirche gekauft. Die Bildungsstätte St. Michael ist vor einem Jahr mit ins Regionalhaus Adolph Kolping in der Innenstadt gezogen.
In dem Gebäude an der Ludwig-Mond-Straße – direkt neben der Kirche St. Michael – will die Unternehmerin Katz im Erdgeschoss eine multikulturelle Tagespflege betreiben. Voraussichtlich ab April oder Mai sollen dort 48 Plätze für Menschen jeder Herkunft und aller Glaubensrichtungen zur Verfügung stehen. Serviert wird den Pflegebedürftigen wahlweise normale oder koschere Kost. Ab dem späten Nachmittag kann die Kantine auch von anderen Gästen genutzt werden.
Im Obergeschoss soll – finanziert aus Katz’ Privatvermögen – ein „Zentrum für jüdisches Leben in Kassel“ eingerichtet werden. Auf 480 Quadratmetern soll es eine Ausstellung zur jüdischen Geschichte und Gegenwart in Kassel geben. Dabei sollen auch bekannte Persönlichkeiten jüdischen Glaubens vorgestellt werden: darunter die Krankenschwester und erste Kasseler Ehrenbürgerin Sara Nußbaum (1886 -1956), nach der das Museum benannt werden soll. Der Philosoph Franz Rosenzweig, der Chemiker Ludwig Mond, der Fabrikant und Gründer des Vorderen Westens, Sigmund Aschrott - sie alle waren jüdischen Glaubens. Auch heutige Kasseler Juden sollen porträtiert werden. „Wir wollen zeigen, dass Menschen jüdischen Glaubens und unsere Gemeinde ein Teil der Kasseler Gesellschaft sind“, sagt Ilana Katz.
Bei einer Schulführung in der Synagoge habe sie vor einiger Zeit ein Erlebnis gehabt, das sie nachdenklich stimmte, erzählt die 52-Jährige. Ein Junge habe erstaunt gesagt: „Was, es gibt noch Juden in Kassel? Ich dachte, die sind ausgestorben.“ Diese Vorstellung komme vermutlich daher, dass in der Schule der Holocaust ausführlich behandelt werde. „Und danach kommt nichts mehr zum Thema Judentum“, sagt Katz. Diese Lücke wolle man auch mit dem Museum füllen.
Zwar werden auch die Judenverfolgung in Kassel und die Zerstörung der Synagoge thematisiert. Dies stehe aber nicht im Mittelpunkt der Ausstellung. „Wir wollen den Schwerpunkt auf Gegenwart und Zukunft legen“, sagt Elena Padva, die das Jüdische Zentrum leiten wird. So seien auch Kunstausstellungen, Konzerte mit jüdischer Musik und Filmvorführungen sowie Kinder-Workshops geplant. Auch ein Lesecafé wird es im Museum geben.
Das Museum wird an Wochentagen vormittags Führungen für Schulklassen und Gruppen anbieten. Sonntags soll ganztägig geöffnet sein. Samstags ist natürlich Ruhetag - da feiern die Juden schließlich den Sabbat.
Von Katja Rudolph