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Echt oder gefälscht? Kasseler Firma entwickelt System zur Produktüberprüfung

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Von: Axel Schwarz

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Überall Plagiate: Firmengründer Alexandru Popescu zeigt als Beispiel eine gefälschte Armbanduhr der italienischen Edelmarke Panerai. Normalerweise kostet sie einige Tausend Euro, als Plagiat wird sie in Asien für etwa 40 Euro angeboten. Foto:  Fischer
Überall Plagiate: Firmengründer Alexandru Popescu zeigt als Beispiel eine gefälschte Armbanduhr der italienischen Edelmarke Panerai. Normalerweise kostet sie einige Tausend Euro, als Plagiat wird sie in Asien für etwa 40 Euro angeboten. © Fischer

Kassel. Der Handel mit gefälschten Markenprodukten ist ein Milliardengeschäft: Wenn die Handtasche, die Jeans oder die Sonnenbrille mit dem prestigeträchtigen Markenlogo für einen Bruchteil des Normalpreises zu haben sind, werden viele Käufer schwach.

Für jene, die Wert auf Echtheit legen, wird es zugleich immer schwieriger, Originale von Billigkopien zu unterscheiden. Und für Hersteller und Fachhändler ist die Konkurrenz durch Billigkopien ein Riesenproblem.

Ein Kasseler Startup-Unternehmen hat jetzt ein System zur Erkennung gefälschter Produkte entwickelt. Online und per App für Mobilgeräte soll es jedem Kunden ermöglichen, noch vor dem Kauf festzustellen, ob er Originalware erwirbt, sagt Alexandru Popescu. Der 29-Jährige hat an der Uni Kassel Mechatronik studiert und mit zwei Partnern die Plattform my-codes.de zur Anwendungsreife gebracht.

Für den Nutzer ist der Echtheits-Check anonym und denkbar einfach: Er muss nur einen zehnstelligen Code eintippen. Damit dieser auf möglichst vielen Waren steht, „brauchen wir jetzt die Hersteller“, sagt Popescu. Einen Elektronkvertrieb hat er bereits gewonnen, ebenso eine Maschinenbaufirma - auch diese Branche leidet sehr unter Plagiaten - sowie ein Bildungsinstitut. Denn die Technologie aus Kassel macht es auch möglich, Zeugnisse und sonstige Dokumente auf Echtheit zu überprüfen.

Und so funktioniert der Echtheits-Check mit my-codes:

Hersteller können von der Kasseler Firma einen Code erhalten, der für jeden einzelnen Artikel individuell ist, und ihn zum Bestandteil ihrer scanfähigen Warenetiketten machen.

Wenn die Ware dann in den Handel kommt, wird der Code auch in den dortigen Kassensystemen hinterlegt. Popescu: „Das ist der springende Punkt“. Ab diesem Schritt sei nämlich durch die Kassenbuchungen nachvollziehbar, ob jeder einzelne Artikel eines Herstellers rechtmäßig im Handel sei oder eben nicht.

Wenn nun irgendwo ein Verbraucher einen solchen Artikel mit my-scans überprüfe, seien diese Befunde möglich:

• Die Ware müsste in einem bestimmten Laden an einem ganz anderen Ort stehen. Der vorliegende Artikel ist anhand seiner Daten wohl gefälscht.

• Der Artikel wurde bereits an einen Endkunden verkauft. Somit ist der gewerbliche Anbieter vermutlich nicht seriös.

• Der Artikel fehlt im Inventar eines Geschäfts, in dem er eigentlich stehen müsste. Die Ware könnte gestohlen sein.

• my-codes hat den von der Ware eingetippten Code gar nicht in der Datenbank - offenbar also eine Fälschung.

Das System könne sich überall bewähren, „wo Fälschungen nicht sofort erkennbar sind“, sagt Alexandru Popescu. Er denke dabei auch an große Handelsplattformen wie Ebay und Amazon. Derzeit sei es etwa kaum möglich, auf Ebay eine „neue Louis-Vuitton-Tasche“ einzustellen - wegen der Flut von Plagiaten würden solche Offerten regelmäßig gelöscht.

Auf Fachmessen und bei Branchenverbänden wirbt die Kasseler Startup-Firma für ihre Technologie. Deren Nutzung sollen die Hersteller finanzieren, für Anwender soll sie laut Popescu kostenlos und „so einfach wie möglich“ sein.

www.my-codes.de

Hintergrund: Hoher Schaden durch Produktpiraten

Durch Produkt- und Markenpiraterie entsteht allein in Deutschland jedes Jahr ein volkswirtschaftlicher Schaden von 30 Milliarden Euro, schätzt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. Die Vernichtung von Arbeitsplätzen durch Umsatzverluste ist noch nicht eingerechnet.

Zu den häufigsten Fälschungen gehören Bekleidung und Modeaccessoires, Kosmetika, Handys, Spielzeug, Sportartikel, Medikamente und Autoersatzteile bis hin zu Flugzeugteilen und ganzen Fabrikanlagen.

Für die Hersteller können minderwertige Fälschungen schlimmstenfalls zu Produkthaftungsprozessen führen und den Ruf einer Marke irreparabel schädigen.

Nach Angaben der Zollbehörden haben sich die entdeckten Einfuhrversuche gefälschter Waren seit 2012 nahezu verdoppelt.

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