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Karlsaue in Kassel: Fläche mitten in der Stadt bietet Lebensraum für Tiere

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Wunderschönes Ambiente für stolze Tiere: Der Schwan schwimmt im Hirschgraben. Im Hintergrund ist die Orangerie zu sehen.
Wunderschönes Ambiente für stolze Tiere: Der Schwan schwimmt im Hirschgraben. Im Hintergrund ist die Orangerie zu sehen. © ANDREAS FISCHER

Die Karlsaue in Kassel ist Naherholungsgebiet, Veranstaltungsort, Parklandschaft und hat eine lange Geschichte. Heute geht es um die tierischen Bewohner.

Kassel – Die Karlsaue ist nicht nur mitten in der Stadt Kassel ein beliebtes Naherholungsgebiet für die Menschen. Sie ist ein Landschaftsschutzgebiet, das auf einer Fläche von 150 Hektar ein wichtiger Ort für Flora und Fauna ist, sagt Florian Kahl, der Parkleiter von Hessen Kassel Heritage (HKH). Ein Rückzugsgebiet für viele Tiere in der Stadt. Wie viele verschiedene Arten in der Aue leben, darüber gebe es keine Erhebungen bei HKH, sagt Kahl.

Die Tierwelt ist allerdings vielfältig. So sind zum Beispiel regelmäßig zwei Experten für Schmetterlinge und Libellen in der Karlsaue unterwegs, erzählt Kahl. Zudem leben in abgestorbenen Bäumen Eremiten. Das sind ganz seltene Käfer, deren Art gefährdet ist. Wir haben uns bei einem Spaziergang durch die Aue auf die Spurensuche nach den tierischen Bewohnern gemacht.

Die Wasservögel

Sie verstecken sich nicht: Schwäne, Haubentaucher, Wildgänse, Nilgänse und Graugänse kann man wohl bei jedem Aufenthalt in der Aue beobachten. Während die Schwäne vor der zweiten Bundesgartenschau noch im Schwanenhaus untergebracht waren, sind die stolzen Vögel mittlerweile alle ausgewildert.

Schöner Platz für Wasservögel: Graugänse vor dem Aueteich.
Schöner Platz für Wasservögel: Graugänse vor dem Aueteich. © Fischer, Andreas

„Die Schwäne kommen und gehen, wann sie wollen“, sagt Kahl. Im Gegensatz zu den Gänsen müssen die Schwäne nicht befürchten, dass die in der Karlsaue bejagt werden. Nil- und Graugänse dürfen vom Jagdbeauftragten erlegt werden.

Ob nun Gans oder Schwan  -– viele Spaziergänger meinen, die Wasservögel füttern zu müssen. Das sieht man bei der HKH gar nicht gern. Das Futter locke nicht nur Ratten, Waschbären und Krähen an. Gezuckerte Lebensmittel, die den Vögeln oft gegeben würden, seien sehr schädlich für die Tiere.

Die Karlsaue sei ein wichtiger Rastplatz für die Wasservögel im Winter, sagt Nils Stanik von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz. Er weist daraufhin, wie gut Parkverwaltung mit den Vögeln umgeht. Bestes Beispiel sei aktuell die Einzäunung eines Schwans, der am Küchengraben brütet.

Die Vogelwelt

Inklusive Wasservögel sind laut Stanik mindestens 120 Vogelarten in der Karlsaue nachgewiesen. Darunter befinden sich zahlreiche Singvögel, die auch typische Waldvögel sind, so Stanik. Die Spaziergänger können aber nicht nur Amseln, Buchfinken und Ringeltauben in der Aue beobachten, sondern auch besondere Arten wie zum Beispiel Waldeulen, Waldkauze, Mittelspecht und Grünspecht.

Das sei etwas ganz Besonderes für eine Parkanlage, die von allen Seiten von der Stadt umschlossen ist, sagt Stanik. Typische Waldvögel würden in der Aue leben, weil es hier einen ganz alten Baumbestand gebe, so der Experte.

Es war auch etwas ganz Besonderes für die Aue: Im Mai 2021 hatte ein Storchenpaar auf einer Hängebuche unweit der Insel Siebenbergen ein Nest gebaut. Der Nestbau war aber allerdings nicht von Erfolg gekrönt. Die Störche wurden von Waschbären und Krähen aus der Karlsaue vertrieben.

Nur kurzer Besuch: Ein Storchenpaar baute 2021 ein Nest.
Nur kurzer Besuch: Ein Storchenpaar baute 2021 ein Nest. © Fischer, Andreas

Die Fische

Im Aueteich sowie im Hirsch- und Küchengraben leben nach Angaben von Oliver Barthel vom Kurhessischen Anglerverein Kassel um die 15 verschiedene Fischarten. Hechte, Karpfen, Schleien, Rotaugen und Rotfedern zählt Barthel auf. Er schätzt, dass es um die zehn Tonnen Fisch in den Gewässern gibt.

Der Verein hat die Gewässer von der Parkverwaltung gepachtet. Die Mitglieder angeln nicht nur dort, sondern betreiben Hege und nehmen Fischbestandsuntersuchungen vor. Der Küchengraben sei aktuell sehr verschlammt, sagt Barthel. Um dagegen vorzugehen, arbeite man mit der Parkverwaltung an einer Lösung.

Die meisten Angler kämen relativ früh morgens oder in den Abendstunden. Das liege auch daran, dass sie ansonsten oft von Spaziergängern angesprochen würden. Viele Kasseler meinten nämlich, dass die Karlsaue ihr eigener Garten ist, hat Barthel beobachtet. Sie fragten dann die Angler: „Darfst du das?“

Die Angler: Timo Evans, Mitglied beim Kurhessischen Anglerverein Kassel, hat einen kleinen Hecht gefangen.
Die Angler: Timo Evans, Mitglied beim Kurhessischen Anglerverein Kassel, hat einen kleinen Hecht gefangen. © PRIVAT /NH

Die Waschbären

Kassel ist die Hauptstadt der Waschbären. Und so ist es nicht verwunderlich, dass viele dieser Exemplare auch in der Karlsaue unterwegs sind. Nach Angaben von Kahl leben sie sehr gern in Baumhöhlen. Die sind aufgrund des alten Baumbestands hier häufig zu finden.

Die Biber

Das Angebot an Nahrung in der Karlsaue ist auch für Biber verlockend. 2021 wurden die Nager im Hirschgraben von Anglern beobachtet. Kurze Zeit später fand man ihre Spuren auf der Blumeninsel Siebenbergen. Um die besonderen Pflanzen dort vor den Bibern zu schützen, wurde um die Blumeninsel ein Zaun gezogen.

Der Biber wurde vor der Blumeninsel gesichtet.
Der Biber wurde vor der Blumeninsel gesichtet. © PRIVAT /NH

Im Rest der Karlsaue sind die Biber laut Parkleiter weiterhin unterwegs. Sie lebten aber vorwiegend in der Fuldaaue und gingen in der Karlsaue eigentlich nur spazieren.

Die Hunde

Spaziergänger sind auch sehr gern mit ihren Hunden in der Karlsaue unterwegs. Obwohl hier eine Anleinpflicht besteht, halten sich laut Kahl die wenigsten Hundebesitzer daran. „Das ist ein größeres Problem.“

Der Parkleiter berichtet, dass er gesehen hat, wie ein frei laufender Hund eine komplette Waschbärfamilie zerfleischt hat. Unangeleinte Hunde stellten auch eine Gefahr für die Bodenbrüter in den Wiesen dar.

Nicht erlaubt, aber oft zu sehen: Immer wieder laufen Hunde unangeleint durch die Aue.
Nicht erlaubt, aber oft zu sehen: Immer wieder laufen Hunde unangeleint durch die Aue. © Fischer, Andreas

Die Schafe

Jedes Jahr ab April sind für mehrere Wochen 200 bis 400 Schafe in der Karlsaue unterwegs. Sie gehören Schäfer Hubertus Dissen aus Kassel. „Für uns ist das eine ganz normale Geschichte, wir machen das seit mindestens 15 Jahren“, sagt Dissen. Allerdings nimmt er in die Karlsaue keine Ziegen mit. Die würden sich nämlich umgehend an den Bäumen und Büschen verbeißen.

Zwischen Schäfer und HKH bestehe kein Vertragsverhältnis, so Parkleiter Kahl. „Der Lohn ist das Futter.“ Aber nicht nur die Schafe profitieren von dieser Vereinbarung. Für den Park leiste das Weidevieh wertvolle gärtnerische Arbeit. Es sorge dafür, dass auch krautige Pflanzen eine Chance hätten, auf den Wiesen der Karlsaue durchzukommen, so Kahl. So förderten die Schafe auch die Artenvielfalt.

Sie kommen alle Jahre wieder: Im April grasen die Schafe von Schäfer Hubertus Dissen die Grünflächen in der Karlsaue ab. ARCHI
Sie kommen alle Jahre wieder: Im April grasen die Schafe von Schäfer Hubertus Dissen die Grünflächen in der Karlsaue ab. © Helga Appel /NH

Pfaue und Pferde

Natürlich wurden auf dieser Seite bei Weitem nicht alle Wildtiere und Haustiere erwähnt, die in der Karlsaue unterwegs sind. Auf der Insel Siebenbergen leben in Volieren zum Beispiel Wellensittiche und Kanarienvögel, zudem sind dort die prächtigen Pfauen beheimatet. Ab und an sind auch Pferde in der Karlsaue zu sehen, die vor Hochzeitskutschen gespannt sind. Aber das sind Kapitel für sich.

Teil 1 der Serie zur Karlsaue.

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