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Der „Querleugner“: Umstrittener Comedian darf nicht in Kassel auftreten

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Von: Matthias Lohr

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Umstritten: Der Berliner Comedian Nikolai Binner wettert nicht nur gegen Corona-Maßnahmen.
Kassel: Der Berliner Comedian Nikolai Binner wettert nicht nur gegen Corona-Maßnahmen. © Privat/nh

Der Comedian Nikolai Binner wettert gegen Corona-Impfungen und übernimmt Querdenker-Formulierungen. Viele Clubs lassen ihn deshalb nicht auftreten.

Kassel – Anfang Juli sah sich Markus Knierim dazu gezwungen, eine Veranstaltung in seinem Theaterstübchen über Twitter abzusagen. Im Kurznachrichtendienst war er gefragt worden, ob das Programm des Clubs in Kassel jetzt „rechtsoffen“ sei. Grund war ein für diesen Freitag angekündigtes Gastspiel des Berliner Comedians Nikolai Binner. Dem wird unter anderem von der taz vorgeworfen, inhaltlich „der neuen Rechten“ zuzuarbeiten.

Knierim, sonst nicht auf Twitter unterwegs, reagierte sofort und schrieb, das Theaterstübchen werde „nie rechtsoffen“ werden. Die Veranstaltung werde nicht stattfinden. Knierim hatte seinen Club an dem Abend an eine Agentur vermietet. Wer Nikolai Binner ist, habe er bis dahin gar nicht gewusst.

Comedian wettert gegen Corona-Impfungen: „Paradebeispiel für Cancel Culture“

Für den Komiker Binner ist die Entscheidung „ein Paradebeispiel für Cancel Culture“, wie er der HNA sagt. 40 Prozent der Veranstalter, die ihn engagieren, würden unter Druck gesetzt. Oft folgten dann Absagen. Trotzdem tritt der 30-Jährige diesen Freitag in Nordhessen auf – sein Programm „Grenzgang“ spielt er im „Savoy nouvel“ in Schauenburg-Elgershausen.

Ein Mann aus der heimischen „Querdenker“-Szene hatte den Ersatzort ausfindig gemacht, wie er im Messenger Telegram schrieb, den besonders oft Kritiker der Corona-Maßnahmen nutzen.

Die Pandemie hat Binner zum Durchbruch verholfen. Er wettert gegen das Impfen und verkauft T-Shirts mit dem Titel „Querleugner“. Der Begriff soll „Leute auf die Schippe nehmen, die mit Kampfbegriffen wie ,Querdenker’ andere diffamieren“, wie er sagt. Bei Youtube hat Binner mehr als 70.000 Abonnenten. In einem Video denkt er über einen Slogan für ein Impfzentrum nach und kommt auf den Satz: „Impfen macht frei.“ In Anlehnung an den Auschwitz-Schriftzug „Arbeit macht frei“. Vor allem dafür gab es viel Kritik.

Corona: „Querleugner“-Comedian bezeichnet Holocaust-Vergleich als „guten Gag“

Er selbst findet das einen „guten Gag“. Natürlich könne man das Impfen nicht mit dem Holocaust vergleichen, „aber auch heute wird die Gesellschaft gespalten, es wird Hetze betrieben, und Menschen werden ausgegrenzt“.

„Savoy nouvel“-Betreiber Dieter Jungermann kennt seinen umstrittenen Gast bislang nur vom Telefon. Dort habe er einen netten Eindruck gemacht. Er ist froh, dass er nun etwas Kultur in seinen altehrwürdigen Laden bekommt.

Das Bild der Gesellschaft, das Binner in seinen Clips zeichnet, sieht zum Beispiel so aus: Die Medien würden so tun, als sei rechte Gewalt das einzige Problem in Deutschland. Und: „Das einzige, was noch linksradikaler ist als die ,Tagesschau’, ist Stalins in Salz konservierter linker Hoden.“

Comedian fällt mit Querdenker-Formulierungen auf: „Ich bin weder links noch rechts“

Im Gespräch am Telefon versichert Binner: „Ich bin weder links noch rechts. Viele Leute sind meiner Meinung. Sie sind nicht einverstanden mit dem, was in den vergangenen zweieinhalb Jahren passiert ist, und haben sonst kein Sprachrohr.“ Auch beim Comedy-Format „Night Wash“ (Sat.1) sei er nicht mehr erwünscht.

„Savoy nouvel“-Betreiber Jungermann will sich am Freitag sein eigenes Bild von Binner machen und sagt: „Ich versuche, niemanden in eine Schublade zu stecken.“ (Matthias Lohr)

Nach wie vor demonstrieren Gegner der Corona-Maßnahmen regelmäßig in Deutschland. Erst vor kurzem wurde eine angekündigte Großdemo der Querdenker in Kassel jedoch zum Flop: Statt tausenden Teilnehmern waren nur etwa 300 Menschen dabei.

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