Dies bestätigt Uwe Loth, Obermeister der Fachinnung Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in Kassel. Wer noch in diesem Jahr seine Öl- oder Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzen lassen wolle, für den werde es zeitlich eng. Allein die Lieferzeit liege bei drei Monaten.
Dass sich die Menschen wegen steigender Energiepreise mehr Gedanken machen, sei spürbar, so Frank Reuter vom Meistermaler Fritz Reuter und Sohn in der Mombachstraße. Die Nachfragen zu Hausdämmungen stiegen. Dies beobachtet auch Peter Bärwald, Geschäftsführer vom Dachdeckermeisterbetrieb Bärwald und Zinn in Fuldatal.
Dass zudem mehr Menschen Photovoltaik-Anlagen für ihr Dach haben wollen, sagt Lorin Wischnewski, Vertriebsleiter von Energiesysteme Groß in Niestetal. Allgemein haben sich Anfragen zu Photovoltaik-Anlagen seit Corona verstärkt. „Doch seit Ende Februar ist es fast nicht mehr zu bewältigen“, sagt er. Die Anfragen hätten sich verachtfacht. Derzeit gebe es bei Energiesysteme Groß einen Aufnahmestopp. Durch die steigenden Preise wegen des Kriegs in der Ukraine wollen die Menschen autarker werden.
Neue Förderprogramme für energieeffizientes Bauen und Sanieren und zuletzt der Ukraine-Konflikt mit den explodierenden Energiepreisen haben für volle Auftragsbücher beim Handwerk und Energieberatern gesorgt. Wir warfen einen Blick in die Branche vor Ort:
Wer sein Haus dämmen will oder über den Austausch der Heizung nachdenkt, der benötigt in vielen Fällen zunächst einen Energieberater, wenn er von Bundesförderungen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) profitieren will. Genau dort besteht derzeit ein Nadelöhr. Sie und die meisten ihrer ungefähr 30 Kolleginnen und Kollegen aus Kassel seien derzeit stark nachgefragt, so Eva Koch, Energieberaterin aus Kassel.
Ein sehr großer Teil der Kunden plane einen Heizungsaustausch. „Viele wollen weg vom Gas und Öl.“ Eine Wärmepumpe sei eine gute Alternative. Damit diese optimal funktioniere, seien ein gedämmtes Gebäude und Fußbodenheizung eine Voraussetzung. Für schlecht gedämmte Häuser gebe es Hybridsysteme mit Wärmepumpe plus Gas. Für die Förderung einer Heizungsmodernisierung brauche man nicht zwingend einen Energieberater. Dieser sei aber sinnvoll, um die Heizleistung durchrechnen zu lassen. Ein Fernwärmeanschluss oder eine Holzpelletheizung seien weitere Alternativen, die geprüft werden könnten. Für Wärmepumpen und Pelletheizungen gelte aber, dass Preise und Lieferzeiten angewachsen seien. Bei den Dämmmaterialien hätten sich die Lieferprobleme entspannt.
Einige „riesige Nachfrage“ spürt auch Uwe Loth, Obermeister der Fachinnung Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Kassel. Gerade bei den Wärmepumpen gebe es einen hohen Beratungsbedarf. In vielen Fällen sei deren Einsatz auch möglich. Allerdings brauche es eine entsprechende Planung. „Da sollte man keinen Schnellschuss machen, nur um schnell vom Öl und Gas wegzukommen. Denn der Ersatz soll ja funktionieren und am Ende nicht teurer sein als Öl- und Gasheizung“, sagt Loth.
In 80 Prozent der Fälle würden Luft-Wasser-Wärmepumpen verbaut, die sich im Prinzip jeder in den Garten stellen könne. Die Erdwärmepumpen seien zwar noch effizienter, aber auch teurer, weil Bohrungen nötig sind. Mit ungefähr 30 000 Euro sei die Installation einer Wärmepumpe ohnehin keine günstige Angelegenheit. Zudem benötige sie Strom für den Betrieb. Der zusätzliche Einsatz einer PV-Anlage sei deshalb sinnvoll, gerade in den Wintermonaten müsse dafür aber auch Strom aus dem Netz bezogen werden. Dies alles sei bei den Planungen zu berücksichtigen.
Wegen der langen Wartezeiten auf die Technik und der Auslastung der Firmen könnten viele Betriebe wohl keine Installation noch in diesem Jahr verbindlich zusagen. Auch Pelletheizungen, Solarthermie und Photovoltaik seien derzeit stark nachgefragt.
Im vergangenen Jahr habe es nur ein bis zwei Anfragen zu Dämmungen gegeben. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres habe die Firma schon fünf Angebote gemacht, sagt Frank Reuter vom Meistermaler Fritz Reuter und Sohn in der Mombachstraße. Drei Anfragen würden noch vorliegen.
Wie viel die Kunden mit einer guten Dämmung an Energiekosten sparen würden, hänge von der Größe des Gebäudes und dem Verhältnis zur Dachfläche ab. „Es können in etwa 30 bis 40 Prozent gespart werden“, sagt Reuter. Um alle Aufträge anzunehmen, habe er genügend Kapazitäten. Allerdings habe er auch schon von Kollegen gehört, die bis November ausgebucht seien.
Dass man mit einer guten Dämmung sparen kann, weiß auch Peter Bärwald, Geschäftsführer vom Dachdeckermeisterbetrieb Bärwald und Zinn in Fuldatal. „Wer dämmt, hat weniger Energieverbrauch“, sagt er. Dabei mache es zunächst an der Fassade am meisten Sinn, da dort prozentual am meisten gespart werden könne. „Aber das Dach darf man nicht unterschätzen.“
Die Anfragen zur Hausdämmung seien bereits seit Corona gestiegen, da die Leute mehr renovieren und sanieren würden. Allerdings bekomme er seit der Energiekrise vermehrt Anfragen zu Solarstrom. Im Vergleich zum vergangenen Jahr seien es dort etwa „fünf bis zehn Anfragen mehr“. Durch den Krieg sei vielen Menschen bewusst geworden, dass man von Gas und Öl so schnell wie möglich wegkommen müsse.
Bei Maler Hahn in der Lilienthalstraße sei die Nachfrage nach Hausdämmungen nicht so gravierend. „Die Anfragen sind nicht erhöht zu den Vorjahren“, sagt Geschäftsführer Carsten Hahn. Ähnlich ist es auch bei Daniel Döbel vom Öko-Bauzentrum an der Ludwig-Mond-Straße. „Ich habe nicht das Gefühl, dass es mehr wird“, sagt er.
Bei PV-Anlagen ist der Ansturm riesig. Bei der Firma Groß aus Niestetal werden erst mal alle bestehenden Aufträge abgearbeitet, bevor neue angenommen werden. „Das ist eine verrückte Situation, dazu kommt der Fachkräftemangel“, so Vertriebsleiter Lorin Wischnewski. (Samira Müller und Bastian Ludwig)
Trotz Corona haben Handwerker in Kassel volle Auftragsbücher. Noch vor dem Ukraine-Konflikt haben Kunden die EAM wegen günstigen Strompreise überrannt.