Lara Bühren: „Die vergangenen 14 Tage waren teilweise schon hart. Weil mein Mann und ich geboostert sind, mussten wir anfangs noch nicht in Quarantäne, erst nachdem wir dann später auch positiv getestet wurden. So hatte ich noch die Möglichkeit, einen Großeinkauf zu erledigen. Außerdem haben wir beim Lieferdienst „Flink“ bestellt, das hat gut geklappt.
Wir haben die Tage genutzt und ausgiebig gefrühstückt und viel gemeinsam gekocht und gebacken. Das ist sonst so oft nicht möglich, weil mein Mann und ich beide Vollzeit arbeiten. Marie und Hannes konnten zum Glück online am Unterricht teilnehmen. Sie haben sich über Videochat auch mit Freunden ausgetauscht, die ebenfalls in Quarantäne waren. Um Emmi zu betreuen, mussten mein Mann und ich uns gut abstimmen, damit wir trotzdem noch unsere Arbeit schaffen konnten. Es gab für die Kinder auch ein bisschen mehr Fernsehzeit, als es sonst bei uns eigentlich üblich ist.
Wir haben sehr viele Spiele gespielt und auch noch im Internet ein paar neue bestellt, die wir dann ausprobiert haben. Auch Bewegungsspiele, die man in der Wohnung spielen kann, sind bei den Kindern gut angekommen. Die findet man im Internet. Aber man merkt, dass man eben sonst nicht so viel Zeit zusammen verbringt und jeder auch seine eigenen Hobbys hat, das war jetzt nicht möglich. Da gibt es natürlich auch mal Streit. Ich war abends mitunter völlig fertig, obwohl ich die Wohnung nicht verlassen konnte.
Besonders schlimm war es, als mein Sohn, sich in der Wohnung an einer Glasscheibe verletzt hat. Wir haben den Krankenwagen gerufen, aber durften nicht mitfahren, weil wir noch positiv waren. Mein Sohn war zu diesem Zeitpunkt schon freigetestet. Eine Freundin hat ihn dann ins Krankenhaus begleitet.
Nach gut zwei Wochen dann wieder nach draußen zu können, war ein tolles Gefühl. Einfach zu wissen, man darf wieder, das ist sehr erleichternd.“
Wenn sich einer mit Isolation und Quarantäne mittlerweile gut auskennt, dann ist es Silvio Heinevetter (37). Der Handball-Nationaltorwart vom Bundesligisten MT Melsungen und Mitinhaber des Lokals Holy Nosh in Kassel war mehrfach betroffen.
Silvio Heinevetter: „Es war zwar nun schon das fünfte Mal, dass ich in Quarantäne war. Aber diesmal war alles anders, weil ich erstmals Corona-positiv und auch richtig krank war. Da ging es nicht darum, ob ich noch genügend Essen im Kühlschrank habe. Von daher kann ich keine Tipps geben. Ich lag fünf Tage flach. Ich habe mich schlapp gefühlt, hatte Gliederschmerzen – es war wie eine schwere Grippe.
Dann hat es noch drei, vier Tage gedauert, bis ich negativ getestet worden bin. Die nötige Ablenkung hatte ich durch die Handball-EM – ich habe fast alles geschaut. Jetzt bin ich zwar raus aus der Quarantäne und habe auch den kardiologischen Check gemeistert. Aber das Training fällt mir noch etwas schwer. Ich hoffe, dass sich das schnell reguliert.“
Der Söhrewalder Bürgermeister Michael Steisel (63) war kürzlich zehn Tage in Isolation. Trotz einiger Privilegien, wie er selbst sagt, ist ihm diese Zeit an die Substanz gegangen.
Michael Steisel: „Ich hatte glücklicherweise keinerlei Symptome, nachdem ich positiv auf Corona getestet wurde. Da ich vorher schon im Homeoffice gearbeitet habe, war es auch kein Problem, dass ich meine Amtsgeschäfte von zuhause aus weiterführen konnte. Ich habe aber gemerkt, dass man zuhause und vor allem dann in der Quarantäne das Zeitgefühl verliert.
Zum Teil habe ich mehr und effizienter gearbeitet. Da kommt niemand vorbei und verabschiedet sich in den Feierabend. Glücklicherweise war ich auch gemeinsam mit meiner Frau in Isolation, sie hatte leichte Symptome.
Ich weiß durchaus, dass ich in einer sehr privilegierten Situation bin. Ich habe ein Haus mit Garten, sodass ich trotz Infektion nach draußen gehen konnte. Aber ich habe in diesen zehn Tagen, trotzdem deutlich gemerkt, dass das etwas mit einem macht. Dieses Gefühl, irgendwie doch eingesperrt zu sein, das ist spürbar, das lastet seelisch auf einem. Wir hatten alles im Haus, was man benötigt – genug Vorräte, Toilettenpapier, unsere Kinder haben uns gelegentlich mit frischen Brötchen versorgt.
Für Familien, die auf engem Raum leben und keinen Garten oder Balkon haben, werden diese Tage weitaus schlimmer sein. Schon ich habe gemerkt, wie belastend das Ganze ist, die Isolation geht spürbar an die Substanz.
Die freie Künstlerin Christiane Hamacher (51) nutzte die zweiwöchige Quarantäne, um neue Skulpturen zu modellieren.
Christiane Hamacher: „Es war Weihnachten 2020 und die Kinder waren zu Besuch. Ich hatte mich infiziert, geimpft war noch keiner, also mussten wir alle in Quarantäne. Um niemanden anzustecken, zog ich mich in den ersten Stock zurück und wir trafen dann nur beim Essen aufeinander. Da saß ich dann zwei Meter entfernt auf der Treppe. Es war aber trotzdem schön, die anderen wenigstens mal zu sehen. Zumal wir jetzt eh nicht so die Familie sind, die gemeinsam am Tisch sitzt und Gesellschaftsspiele spielt. Keine Termine, keine Ablenkung, meine Arbeit profitierte von der Situation.
Ich hatte mir Porzellan von einer Freundin bringen lassen, aus der ich Skulpturen modellierte: Mischwesen. Kleine Schnecken mit Gesichtern etwa, die nachträglich betrachtet meine Stimmung in der Quarantäne sehr gut widerspiegeln. Du hast kaum Bewegung, wirst deshalb schläfrig und unmotiviert, dich zu bewegen. Obwohl wir eigentlich gerade umgezogen waren und noch einige Kartons hätten ausgeräumt werden müssen, habe ich übrigens nichts davon gemacht. Stattdessen habe ich den geschenkten leeren Raum genutzt. Ich hätte die Kartons ja eh nicht entsorgen können.“ (Anna Lischper, Kathrin Meyer, Björn Mahr)
Wer abends in der Innenstadt einkaufen möchte, hat derzeit schlechte Karten: Viele Galerien und Geschäfte in Kassel verkürzen wegen Corona ihre Öffnungszeiten.