Kasseler Schauspieler im „Polizeiruf“ aus Rostock: „Endlich mal kein Nazi“

Der neue Rostocker „Polizeiruf“ erzählt grandios von einem Transmann. Auch der Kasseler Bernd Hölscher spielt eine Transperson. Der Schauspieler ist gerade sehr gefragt.
Im Rostocker „Polizeiruf 110: Daniel A.“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) geht es um den Tod einer Frau nach einem Club-Besuch und den Transmann Daniel, der sich mit ihr getroffen hatte und zu Unrecht verdächtigt wird. Er fürchtet sein Coming-out. Wir sprachen mit dem Kasseler Schauspieler Bernd Hölscher, der in diesem sehenswerten Krimi von Dustin Loose (Regie) und Benjamin Hessler (Buch) Daniels Kumpel spielt.
Filme über queere Menschen sind oft voller Klischees. Warum ist dieser „Polizeiruf 110“ anders?
Hier geht es nicht nur um die Schwierigkeit, sich zu outen, sondern um die Probleme, die alle Menschen haben – etwa die Unsicherheit, die man mit der eigenen Identität hat. Ich spiele einen Transmann, aber dieses Transsein wird gar nicht übermäßig thematisiert. Für die Hauptfigur Daniel, die sich noch nicht outen will, bin ich eine Art großer Bruder, der Tipps geben kann.
Hauptdarsteller Jonathan Perleth sagt, es wäre wünschenswert, wenn Transpersonen von Transpersonen gespielt würden. Sie sehen das anders.
Ich verstehe den Wunsch nach einer größeren Gleichberechtigung. Ich finde aber, das sollte nicht zu mehr Einschränkungen führen. Vielmehr sollte jeder alles spielen dürfen. Ich würde es sehr schade finden, wenn ich nur noch alte, weiße Männer spielen soll, die schwitzen. Schauspielkunst ist es, jemanden zu spielen, der man nicht ist. Man denkt sich in andere Figuren und deren Sichtweisen hinein und verteidigt diese vor anderen. Dadurch habe ich schon oft gelernt, mir ansonsten fremde Charaktere besser zu verstehen.
Sie haben oft Kinderschänder und Nazis gespielt. Wie wohltuend ist es, nun eine sehr sympathische Figur zu verkörpern?
Das ist super. Endlich mal kein Nazi und kein Kinderschänder. Aber natürlich ist es manchmal gerade spannend, die vermeintlich fiesen, gestörten Figuren zu spielen, zum Beispiel im Märchen immer lieber die Hexe als den Prinzen.
Zuletzt haben Sie die Netflix-Produktionen „Sleeping Dogs“ und „All the Light We Cannot See“ sowie „Munich Games“ für Sky gedreht. Es läuft gerade gut bei Ihnen, oder?
Ja, das letzte Jahr war Wahnsinn. Gerade drehe ich die Sky-Serie „Helgoland 513“, allerdings auf Sylt. Das ist meine zweite Zusammenarbeit mit Robert Schwentke nach „Der Hauptmann“. Das war vor sechs Jahren für mich wie ein Sechser im Lotto. Danach kamen viele Anfragen. Mit dem Ende meines Engagements am Kasseler Staatstheater kann ich die jetzt auch verwirklichen.
Schauen Sie TV-Krimis?
Den einen oder anderen schalte ich ein. Ich war schon immer ein großer Fan des Rostocker „Polizeirufs“. Die anderen TV-Ermittler haben fast alle eine weiße Weste. Ich fand toll, dass Bukow Dreck am Stecken hatte. Auch nach dem Ausstieg von Charly Hübner ist es etwas Besonderes. Anneke Kim Sarnau und Lina Beckmann sind grandiose Schauspielerinnen. (Matthias Lohr)