Verein setzt sich seit zehn Jahren für Interessen der Tagesmütter in Kassel ein

Tagesmütter sind eigentlich Einzelkämpferinnen. In Kassel haben sie dank eines Vereins eine Lobby.
Als die Erzieherin Anja Lange vor 13 Jahren begann, als Tagesmutter zu arbeiten, war sie anfangs irritiert: Die Kinder gaben ihr Küsschen, und auch Eltern umarmten sie oft voller Dankbarkeit. Von ihrer Arbeit in einer Kita kannte sie das so nicht. „Erst dachte ich: Oje, darf ich das zulassen?“, erzählt die 44-Jährige und muss lachen. Inzwischen ist sie überzeugt, dass die enge Beziehung zu den Kindern und der vertrauensvolle Kontakt mit den Eltern eine große Stärke der Betreuung bei Tageseltern ist.
Was allerdings lange ein Manko der selbstständigen Tätigkeit als Tagesmutter war: Die fehlende Anbindung an Kollegen. Um das zu ändern und die Interessen von Tageseltern gemeinsam zu vertreten, wurde vor zehn Jahren der Verein „Tagesmütter Kassel“ (TAM) gegründet. Anja Lange war von Anfang an im Vorstand mit dabei.
Anstoß für die Gründung war seinerzeit eine neue Betreuungsordnung, bei der viele Tageseltern Diskussionsbedarf sahen. Seither berät der Verein mit aktuell 45 Mitgliedern Tagesmütter und -väter in Kassel und setzt sich für ihre Interessen ein – mit schon einigen Erfolgen.
Zuletzt hat der Verein eine Verbesserung angestoßen, von der nicht nur die Tageseltern, sondern auch Familien finanziell profitieren: Seit Anfang des Jahres übernimmt die Stadt Kassel – analog zur hessenweiten Beitragsfreistellung in Kitas – auch bei Kindern in der Tagespflege ab dem Alter von drei Jahren die Betreuungskosten für bis zu sechs Stunden pro Tag.
Zudem gleicht die Stadt für die Tagesmütter die reduzierten Zuschüsse des Landes für über Dreijährige aus. Diese liegen für einen Ganztagsplatz bei lediglich 18,33 Euro pro Monat und werden von der Stadt nun auf den Satz für unter Dreijährige aufgestockt (250 Euro). „Diese Regelung ist einzigartig in Hessen“, sagt Conny Wagner, Zweite TAM-Vorsitzende. Wer nach der alten Entlohnung mehrere Dreijährige über einige Monate bis zum Wechsel in den Kindergarten betreute, geriet mitunter in wirtschaftliche Nöte, schildert sie. Umso mehr freut sich der Verein über die gute Zusammenarbeit mit dem Jugendamt.
Austauschbörse für Tagesmütter
Auch bei Konflikten mit Eltern oder Problemen mit auffälligen Kindern ist der Verein Ansprechpartner und Austauschbörse für Tageseltern. Die beiden Vorsitzenden würden sich wünschen, dass noch mehr Tagesmütter und Tagesväter dem Verein beitreten. „Je mehr Tagespflegepersonen wir vertreten, desto mehr Gewicht hat unsere Stimme“, sagt Anja Lange und stellt klar: „Wir wollen familienpolitisch mitwirken.“ Auch Eltern, die eine Betreuung für ihr Kleinkind suchen, berät der Verein.
Dass Kindertagespflege ein unverzichtbares Angebot in der Betreuung unter Dreijähriger ist, davon ist der Verein überzeugt. Durch die kleinen Gruppen, die persönliche Beziehung und die familiäre Atmosphäre der Betreuung bekämen Kleinkinder die nötige Sicherheit für eine gute Entwicklung, sagt Vereinsmitglied Christiane von Berg, die auch Tageseltern-Fortbildungen für das Jugendamt macht. „Davon profitieren die Kinder ihr Leben lang.“
Kontakt: Verein Tagesmütter Kassel, Tel. 0561/45 231, E-Mail: info@tam-kassel.de; tam-kassel.de