Kassel vor und nach dem Krieg: Neue Fotos zeigen Orangerie und Königsplatz

Ein Fotoalbum gibt weitere Einblicke in Kassels Wandel durch den Krieg. Neben bereits bekannten Aufnahmen zeigt es auch Neue unter anderem von der Orangerie.
Kassel – „Meinem Freund Oskar Heinrichs zur bleibenden Erinnerung.“ Diese Widmung steht auf einem Fotoalbum, das ein Weihnachtsgeschenk im Jahr 1946 war. In dem Album befinden sich Aufnahmen von Kassel vor und nach der Zerstörung. Es sind teilweise die gleichen Motive, die die HNA vor Kurzem vorgestellt hat. Die stammten aus dem Nachlass des 1903 geborenen Kasselers Arwed Kaess.
Ob es sich dabei um Abzüge von Aufnahmen des gleichen Fotografen handelt? „Ich weiß es nicht“, sagt Stefan Bauer, der sich nach der ersten Veröffentlichung bei der HNA gemeldet hat. Seine Patentante, die ihm das Fotoalbum geschenkt hat, kann er nicht mehr fragen. Die ist bereits vor einigen Jahren gestorben.

Kassel vor und nach dem Weltkrieg: Album sollte im Müll landen
Gearbeitet hat die Patentante Johanna Glahn (Jahrgang 1925) bei dem Kasseler Textilgroßhändler Oskar Heinrichs. Der hatte sein Geschäft an der Opernstraße. „Meine Tante hat der Familie, die an der Parkstraße wohnte, den Haushalt geführt“, sagt Stefan Bauer. Als Oskar Heinrichs starb, hat sie bei der Haushaltsauflösung geholfen.
Das Fotoalbum sollte sie eigentlich wegwerfen, brachte das aber nicht übers Herz. Wegen der interessanten Fotos, aber wohl auch wegen der Widmung. Die hatte der damalige Heinrichs-Geschäftsführer Kurt Lange geschrieben. Von ihm stammen auch die Erläuterungen in dem Album.

Über die bislang veröffentlichten Vorher-Nachher-Fotos hinaus zeigt es unter anderem Aufnahmen von der Orangerie. Während der ersten und zweiten documenta in den Jahren 1955 und 1959 war die noch eine Ruine.

Die Aufnahmen in dem Album zeigen den Zustand unmittelbar nach dem Krieg. Da war die Orangerie stark zerstört. Es dauerte noch bis in die 1970er-Jahre, ehe das Gebäude in vereinfachter Form wiederhergestellt war.
Fotos von Kassel vor und nach dem Krieg sollen an Zerstörung erinnern
Bei einem anderen Motiv muss man möglicherweise zweimal hinschauen. Aber es handelt sich eindeutig um das Commerzbank-Gebäude am Königsplatz. Ein Modehaus, das Ufa-Theater und den Königskeller habe das beherbergt, so die Bildunterschrift von Kurt Lange.

Neben dem Friedrichsplatz mit dem Fridericianum und dem Preußischen Staatstheater gibt es auch eine doppelte Aufnahme vom Marstallgebäude. Von dem blieb zumindest die Fassade erhalten. Unter dem nach dem Krieg neu gebauten Dach befinden sich heute die Markthalle und das Stadtarchiv.


Das Album sei ein Zeitdokument, hat 1946 Kurt Lange in seiner Widmung geschrieben. „Wenn wir jetzt durch die Trümmer unserer Heimatstadt schreiten, dann taucht so manche selige Erinnerung vor unserem geistigen Auge auf“, ist da zu lesen.


Das Album solle eine Gedächtnisstütze sein, aber auch immer an die Zerstörungen erinnern, die der Krieg verursacht habe. (Thomas Siemon)