Kasseler Expertise für Wasser und Strom in Nahost gefragt

Jordanien leidet unter Wassermangel. Deshalb hat es vergangenes Jahr einen Vertrag mit Israel abgeschlossen, die jährliche Wasserlieferung aus dem See Genezareth von 50 Millionen auf 100 Millionen Kubikmeter zu erhöhen. Über den König-Abdullah-Kanal wird damit die Landwirtschaft Jordaniens sowie die Hauptstadt Amman mit Süßwasser versorgt.
Kassel - Mit der Unterstützung der Kasseler Universität könnten durch den Ausbau des Wassertransfers gleichzeitig die erneuerbaren Energien in Israel gefördert werden.
Israel diskutiert den Bau einer 47 Kilometer langen unterirdischen Pipeline vom Mittelmeer zum 200 Meter tiefer liegenden See Genezareth. Durch das Rohr soll entsalztes Meerwasser von der Küste in den See Genezareth eingespeist werden und darüber hinaus die jordanische Landwirtschaft mit zusätzlichem Wasser versorgen. Die Umsetzung des Großbauprojekts würde für Israel größere Spielräume eröffnen und könnte Jordanien im Kampf gegen die Wasserarmut helfen. Denn demnächst soll die Wasserlieferung im Austausch gegen jordanischen Solarstrom auf dann insgesamt 300 Millionen Kubikmeter jährlich erhöht werden – das entspricht der Wassermenge von anderthalb Ederseen.
Das Fachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft der Uni Kassel hat in einer Studie den Vorschlag unterbreitet, die Pläne zum Wassertransfer mit Stromproduktion zu verbinden. Denn durch das Gefälle auf der Strecke ließe sich die Wasserkraft sehr gut nutzen. Seit 2020 ist die Universität in dem Projekt engagiert. „Abhängig von der Wasserproduktion der Entsalzungsanlage könnte die Wasserkraftanlage jährlich bis zu 400 Gigawattstunden (GWh) Strom erzeugen. Das entspricht ungefähr so viel Strom, wie alle 630 hessischen Wasserkraftwerke zusammen erzeugen“, sagt Prof. Stephan Theobald, Leiter des Fachgebiets. Damit würden bis zu 16 Prozent der Energie, die für die Entsalzung des Wassers benötigt wird, zurückgewonnen.
Diese Vorstudie ist Teil der Salam-Initiative, in der die Uni Kassel mit 180 000 Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. Theobald und sein Kollege Martin Klein sind überzeugt davon, dass das Projekt zum Wassertransfer durch die Kopplung mit der Stromproduktion beflügelt werden kann, denn Israel will die Stromproduktion durch erneuerbare Energien ausbauen. 94 Prozent der Stromerzeugung würden bislang durch fossile Energieträger bereitgestellt.
Möglich wäre es zudem, nicht nur Strom aus Wasserkraft zu erzeugen, sondern diesen auch durch ein Pumpspeicherkraftwerk zu speichern, um ihn jederzeit nutzbar zu machen – beispielsweise auch nachts, wenn kein Strom aus Photovoltaik zur Verfügung steht. (Bastian Ludwig)