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Kasseler Szene-Legende: Betreiber von Mutter und Goldgrube starb mit 47

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Von: Wilhelm Ditzel

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Als Konzertveranstalter förderte er viele heimische Bands: Udo Schulze. © Privat/nh

Kassel. Mit seinen Clubs Mutter und Goldgrube prägte Udo Schulze die heimische Indie-Kultur wie kaum ein anderer. Nun ist der 47-Jährige plötzlich gestorben. Die Szene steht unter Schock.

Die Kasseler Musik- und Gastroszene trauert um einen ihrer im alternativen Bereich wichtigsten Förderer: Udo Schulze, Gastronom, DJ und Konzertveranstalter, starb bereits am Donnerstag mit 47 Jahren an Herzversagen. Seit 25 Jahren ist sein Name untrennbar mit der „Mutter“ in der Nordstadt verbunden, 2014 erfüllte er mit der „Goldgrube“ an der Eisenschmiede sich und vielen anderen einen weiteren Traum: einen Club für Live-Konzerte von Bands, die nicht die großen Hallen füllen.

Mit beiden Szenetreffs hat er die Musikkultur in Kassel entscheidend geprägt, weil er es über die bloße Präsentation der Musik hinaus verstand, die jeweiligen Genres und seine Entdeckungen den Menschen durch seine fröhliche, herzliche Art auch persönlich nahe zu bringen.

Das war schon Ende der 80er-Jahre so, als Udo, geboren am 19. August 1970 in Warburg, im Kuba Club in Welda auflegte. „Egal ob Soul, Punk, Rock oder Weltmusik, er hatte immer ein Gespür für das Außergewöhnliche“, sagen seine Freunde. Nach Kassel kam er anfänglich noch mit seinem Vater, der im Mercedes-Achsenwerk arbeitete. 

Auf dem Weg von dort in die Innenstadt blieb Udo meist in der Nordstadt hängen, weil ihn das Leben dort mehr faszinierte als im kommerziellen Zentrum. Sein Szene-Einstieg in Kassel war das Spot am Ölmühlenweg, es folgten die Factory (Salzmann), das Barracuda am Auestadion, das Haus an der Mombachstraße und schließlich Mutter und Goldgrube.

Obwohl neuen Medien gegenüber nicht unaufgeschlossen, blieb Udo immer ein glühender Verfechter von Vinyl-Schallplatten. Natürlich setzte er auch CDs ein, aber Streamingdienste waren ein No-Go. „Der Musiker muss für seine Arbeit ordentlich bezahlt werden“, war sein Credo. Beste Freunde bekamen an der Theke mal einen ausgegeben, aber Eintritt zu den Konzerten mussten alle zahlen, „denn der geht an die Musiker“. Er hat die Debüt-Alben etlicher Bands finanziert, sich aber nie an den Mainstream verkauft, obwohl damit mehr Geld hätte verdient werden können. „Dazu ist mir die Musik zu wichtig“, sagte er immer.

Zwei Mal bekam Udo Schulze für sein Engagement in Sachen Live-Musik-Förderung den Applaus-Preis der Bundesregierung. „Das Preisgeld hat er verdoppelt und verdreifacht wieder für Konzerte ausgegeben, die ihm am Herzen lagen“, sagt seine Witwe Ana Maria, die 1998 als Design-Studentin aus Kolumbien nach Kassel kam. 1999 lernten sich die beiden kennen, 2006 heirateten sie.

Die Trauerfeier für Udo Schulze wird in aller Stille stattfinden. Es wird aber zu gegebener Zeit eine Veranstaltung geben, auf der seine Freunde und Wegbegleiter von dem Menschen Abschied nehmen können, der es vermutlich am wenigsten gewollt hätte, dass man um ihn trauert.

Die Mutter ist seit Montag wieder geöffnet. Wie es in der Goldgrube weitergeht, steht noch nicht fest.

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