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Kasseler Imam rief bei Kundgebung zum Märtyrer-Tod auf

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Rund 500 Menschen nahmen an der Kundgebung im Juli 2016 auf dem Königsplatz teil.
© Dilling

Kassel. Bei einer Kundgebung auf dem Königsplatz nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 hat ein Imam aus Oberzwehren zum Märtyrer-Tod aufgerufen.

Razzien bei mehreren Ditib-Imamen in Deutschland wegen Spionageverdachts sorgten vergangene Woche für Schlagzeilen. Jetzt ist ein Video im Internet aufgetaucht, in dem der Imam der Kasseler Ditib-Gemeinde in Oberzwehren zum Märtyrer-Tod aufruft. Die Predigt wurde bereits im Juli vergangenen Jahres nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei gegen die Regierung Erdogan bei einer Kundgebung auf dem Kasseler Königsplatz aufgenommen.

Dort predigt Semih Ögrünc, Imam der Gemeinde am Mattenberg. Er sagt, dass wenn es eine Anordnung geben werde, das Leben für das Vaterland (Türkei) zu opfern, „dann sind wir mit unseren Geschwistern zusammen bereit, Märtyrer zu werden“.

Das Video wurde von der kurdisch-studentischen Initiative „Ditib – Die Marionetten Erdogans“ übersetzt und ins Netz gestellt. Die HNA hat die Übersetzung auf ihre Korrektheit geprüft.

Das Video

Der Imam und Mahmut Eryilmaz, der Dialogbeauftragte der Gemeinde, bestätigen, dass die Übersetzung ins Deutsche korrekt sei. Allerdings habe der

Imam Semih Ögrünc, türkisch-muslimische Gemeinde Mattenberg
Weist Kritik zurück: Imam Semih Ögrünc © Pflüger-Scherb

Imam niemanden dazu animieren wollen, in den Krieg zu ziehen, beteuert Eryilmaz. Er verstehe aber, dass dies auf Deutsch falsch verstanden werden könne, sagte Ögrünc. Warum er seine Rede vor rund 500 Türken auf dem Königsplatz auf Türkisch und nicht auf Deutsch gehalten habe, dazu sagte der Imam nichts.

Das Bündnis gegen Antisemitismus Kassel kritisiert indes die in der Rede propagierten Feindbilder: Der Imam sehe in geheimnisvollen Mächten Kräfte, die das türkische Volk spalteten und die es zu vernichten gelte. Angesichts der ideologischen Ausrichtung der Ditib-Gemeinde sei es bedenklich, wenn dieser Imam gleichzeitig vor Schulklassen, die die Moschee besuchen, den Islam als Religion des Friedens anpreise.

Hintergrund: Spitzelaffäre um Ditib-Imame

In der Spitzelaffäre um Imame des türkischen Islamverbands Ditib hat die Bundesanwaltschaft in der vergangenen Woche Wohnungen von vier islamischen Geistlichen durchsuchen lassen. Bei der Razzia in NRW und Rheinland-Pfalz nahmen die Ermittler „Kommunikationsmittel, Datenträger und schriftliche Unterlagen“ zur Auswertung mit, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. Festnahmen gab es nicht. Die vier Imame stehen im Verdacht, im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Diaynet in Deutschland Informationen über Anhänger des in der Türkei als Staatsfeind eingestuften Predigers Fethullah Gülen gesammelt und darüber dem türkischen Generalkonsulat in Köln berichtet zu haben. Aus Sicht des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind Gülen-Anhänger Unterstützer einer terroristischen Vereinigung. Die türkische Regierung vermutet hinter Fethullah Gülen, der im selbstgewählten Exil in den USA lebt, den Drahtzieher des gescheiterten Putsches am 15. und 16. Juli 2016. (mit afp)

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