Kasseler Modefirma Melawear setzt auf nachhaltige Textilien

Kassel. Ein begrünter Hinterhof an der Gottschalkstraße, an einem alten Backsteingebäude prangt in Holzbuchstaben: Melawear. Was steckt hinter dem Modeunternehmen aus Kassel, das auf ökologische Standards setzen will?
Darin ein lichtdurchfluteter Raum mit hohen Decken, weißen Wänden, eine Kaffeebar, aufgeräumte Schreibtische. Auf Podesten sind Rucksäcke und Schuhe ausgestellt.
Büro und Showroom der Modefirma Melawear GmbH sind so stilvoll, skandinavisch schlicht und clean, wie die Kleidung, die sie produziert.
Nachhaltige Textilien zu entwickeln, die „gut aussehen, bezahlbar und immer verfügbar sind“, das ist das Ziel von Melawear („Mela“ ist Hindi und bedeutet „gemeinsam Handeln“). „Fair-trade muss nicht teuer sein und bio muss nicht schlecht aussehen“, sagt Henning Siedentopp, Geschäftsführer des jungen Unternehmens.
Vor vier Jahren hat der heute 32-jährige Kasseler die Melawear GmbH gegründet, da machte er noch an der Uni Lüneburg seinen Master in Management und Unternehmensführung.
Mittlerweile 13 Mitarbeiter in Kassel
Mittlerweile beschäftigt Melawear 13 Mitarbeiter, die meisten Studenten. 2016 kam nach T-Shirts und Pullovern mit dem Rucksack „ansvar“ der Erfolg. Er kommt nicht nur gut bei den Käufern an, sondern ist auch der „weltweit erste Fairtrade- und GOTS-zertifizierte Rucksack“.
„Bei uns gibt es nicht sozial oder ökologisch, sondern nur sowohl als auch“, sagt Siedentopp. Mittlerweile verkaufen 400 Handelspartner Melawear-Fashion. Das Unternehmen setzt jährlich eine Million Euro um.
Melawear zeigt, dass ökonomisches Wachstum und nachhaltige Produktion kein Widerspruch sind. Um ihre Standards zu gewährleisten, reisen Mitarbeiter mehrmals im Jahr an die drei Produktionsstätten in Indien. Um unabhängig und ihren Idealen treu bleiben zu können, verzichtet Melawear auf Investoren.
Unternehmen ist auf der Berliner Fashion Week
Auf der Berliner Fashion Week im Juli ist das Kasseler Unternehmen auf der Premium-Messe präsent. „Wir haben keine Scheu vor konventionellen Händlern, sondern versuchen gezielt, Masse zu erreichen“, sagt Siedentopp. Denn nachhaltige Mode verlässt das Nischendasein: Bio- und Fairtrade-zertifizierte Produkte verzeichnen jährlich bis zu 30 Prozent Umsatzwachstum, so Siedentopp.
Im Herbst erweitert Melawear seine Produktpalette mit Schals, Laptop-Taschen und einem neuen Rucksack. Im nächsten Jahr soll eine Jacke folgen. Von der Idee bis zur Ausfertigung vergehen neun bis 24 Monate.
Die Kasseler haben nachhaltige Sneakers entwickelt
Zwei Jahre Entwicklung und hunderttausend Euro Forschungsgeld stecken im neuen Schuh. Herausforderung waren die weiße Sneaker-Sohle und der Kleber. Am Ende verwendeten die Kasseler Naturkautschuk aus Sri Lanka und einen wasserbasierten Klebstoff ohne giftige Chemikalien.
Zur Zeit forscht Melawear an der Herstellung einer schwarzen Sohle, die auch ihren ökologischen Standards entspricht. Sämtliche Produktchargen werden in Laboren untersucht. „So garantieren wir, dass bio drin ist, wo bio draufsteht.“
Qualitätssiegel für Melawear-Produkte
Das GOTS-Siegel (Global Organic Textile Standard) wird von der gemeinnützigen Global Standard GmbH, vergeben. Ziel des Siegels ist es, einen einheitlichen, kontrollierbaren, sozialen und ökologischen Standard aufzubauen, der die gesamte Produktionskette umfasst.
Schwerpunkt ist die Vermeidung von Chemikalien. GOTS-zertifizierte Textilien müssen mindestens zu 70 Prozent aus kontrolliert biologischen Naturfasern bestehen. Melawear geht noch weiter und verfolgt ein Wirtschaftssystem ohne Abfall mit kreislauffähigen Textilien. Sie sind sogar kompostierbar, ohne dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen.
Das Fairtrade-Siegel für Baumwolle steht für Rohbaumwolle, die fair angebaut und gehandelt wird. Die Baumwolle in Textilien, die dieses Siegel trägt, ist zu 100 Prozent Fairtrade-zertifiziert. Die Bauern erhalten angemessenen Lohn und Arbeitnehmerschutz, und es gibt keine Zwangs- und Kinderarbeit.
Seit 2016 zahlt Melawear zehn Prozent Aufschlag beim Kauf ihrer Textilien, und unterstützt das Projekt „Living Wages“. Die Näherinnen und Näher erhalten so zweimal im Jahr einen Bonus, sodass der Verdienst über den indischen Mindestlohn hinausgeht