Kasseler sollen Büchereien retten

Kassel. Schon vor einigen Wochen hatten 2100 Kirchditmolder, Wilhelmshöher und Fasanenhöfer mit ihrem Autogramm auf Petitionslisten bekundet, dass sie gegen die geplante Schließung der Büchereien in ihren Stadtteilen sind.
Seit Mittwoch sind nun neue Unterschriftenlisten im Umlauf: Der Unterstützerkreis der Kirchditmolder Bibliothek hat ein Bürgerbegehren gestartet. Dessen Ziel: Alle Kasseler sollen darüber abstimmen, ob die drei Büchereien als kulturell wertvolle Einrichtungen erhalten bleiben sollen.
Als ersten Schritt auf dem Weg zu einem Bürgerentscheid müssten die Initiatoren gut doppelt so viele Unterschriften zusammenbekommen wie bei den bisherigen Petitionen. Was die Formulierung des Begehrens angeht, sähen sich die Bücherei-Unterstützer rechtlich auf der sicheren Seite, sagte Jörg Kleinke, der als eine der Vertrauenspersonen in diesem Verfahren fungiert. „Allerdings stehen wir ziemlich unter Zeitdruck“, sagte Kleinke.
Der Hintergrund: Am 10. Dezember hatte die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss gefasst, die Büchereien mittelfristig zu schließen. Damit begann eine Acht-Wochen-Frist für die Einleitung eines Bürgerbegehrens gegen diese politische Absicht. Um die Frist zu wahren, streben die Initiatoren laut Kleinke an, bis einschließlich des Wochenendes 2./3. Februar genügend Unterschriften einzuholen.
In verschiedenen Kirchditmolder Geschäften wurden am Mittwoch die

ersten Listen ausgelegt. Am kommenden Samstag, 26. Januar, wollen die Bücherei-Aktivisten mit Infoständen an verschiedenen Orten um Unterstützung werben – laut bisheriger Planung in der Innenstadt vor der Zentralbibliothek, auf dem Parkplatzgelände Ludwig-Erhard-Straße auf der Marbachshöhe sowie beim Einkaufszentrum Kirchweg/Wittrockstraße. Kleinke rechnet damit, dass sich auch Unterstützer aus Wilhelmshöhe und Fasanenhof mit weiteren Sammelaktionen anschließen. Dort gebe es „die grundsätzliche Bereitschaft, die Sache zu unterstützen“, sagte der Vertrauensmann. Näheres werde derzeit gerade abgesprochen, hieß es gestern.
Die Zukunft der Stadtteilbibliotheken war am Mittwochabend auch Thema im Ortsbeirat Fasanenhof, ebenso traf sich eine Gesprächsrunde dazu in Wilhelmshöhe. Dort wird parallel überlegt, ob es zu einer Bücherei in städtischer Regie eine ehrenamtlich organisierte Alternative geben könnte. Momentan sei es im Ortsbeirat „die mehrheitliche Position, dass die Bibliothek am jetzigen Standort erhalten werden sollte“, sagte Wilhelmshöhes Ortsvorsteherin Anja Lipschik.
Im sozialen Netzwerk Facebook informieren die Büchereiaktivisten auf einer offenen Seite namens „Stadtteilbibliotheken in Kassel müssen erhalten bleiben“ über Neuigkeiten zum Thema und zur Unterschriftensammlung. Im Lauf des Donnerstags soll laut Jörg Kleinke zudem die Internetseite www.lesen-in-kassel.de an Netz gehen. Dort werde man auch Listen herunterladen können, um selber Unterschriften für das Bürgerbegehren zu sammeln.
Von Axel Schwarz
Hintergrund: Der Weg zum Bürgerentscheid
In Hessen können die Einwohner per Bürgerentscheid über eine wichtige Angelegenheit ihrer Kommune bestimmen: Sofern drei Prozent der Wahlberechtigten – in Kassel entspricht das rund 4400 Personen – ein Bürgerbegehren unterschreiben und das Stadtparlament ein rechtlich korrektes Verfahren bescheinigt, kommt es zum Bürgerentscheid. Dieser wäre erfolgreich, wenn mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten für das betreffende Anliegen votieren.
In Kassel liegt die Hürde bei rund 36 400 Personen. Im vorliegenden Fall soll die Abstimmungsfrage lauten: „Sind Sie dafür, die Stadtteilbibliotheken in den Stadtteilen Fasanenhof, Kirchditmold und Wilhelmshöhe zu erhalten?“ Die wohnortnahen Büchereien böten die Möglichkeit zur Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben und würden vom frühen Alter an Lesekompetenz fördern, heißt es in der Begründung. (asz)