„Das ist ein gewaltiger Markt“: Start-up in Kassel entwickelt System für Shrimps-Zucht
Das Start-up Hydroneo in Kassel möchte mit ihrem eigens entwickelten System die Shrimps-Zucht in Thailand und anderen Staaten nachhaltiger machen.
Kassel/Bangkok – Ob gegrillt, in der Pasta, im Salat oder mariniert: Garnelen gelten vielen als Leckerbissen. Etwa 50.000 Tonnen von ihnen werden pro Jahr nach Deutschland importiert, die hiesige Aquakultur kann nur etwa 100 Tonnen im Jahr erzeugen, schätzen Experten.
Der Rest stammt überwiegend aus Asien, zum Beispiel aus Thailand. Etwa 10.000 Shrimps-Farmer produzieren dort um die 350.000 Tonnen Krebstiere im Jahr. „Das ist ein gewaltiger Markt“, sagt Fabian Reusch, einer der Gründer, Geschäftsführer und Alleingesellschafter des Start-ups Hydroneo in Kassel.

Start-up Hydroneo in Kassel sieht in seinem Zuchtsystem für Shrimps einen Beitrag zur Nachhaltigkeit
Das junge Unternehmen ist dabei, ihn mit einem System aufzurollen, das es „Smart Farm Management“ nennt: Es besteht aus einer kastenförmigen Steuerung am Beckenrand, die mit Sensoren im Wasser verbunden ist. Sie messen Sauerstoff, pH-Wert und Temperatur des Wassers, Faktoren, die Aufschluss über seine Qualität geben. Der Farmer erhält die Daten über das Internet in eine Smartphone-App und kann eingreifen, wenn es nötig ist. Jede vierte Garnele verende wegen schlechter Wasserqualität, sagt Reusch.
Für die Garnelenzüchter sind die Informationen also bares Geld wert. Ohne zusätzlichen Sauerstoff kommt die Zucht in den Bassins nicht aus. Wie es um seinen Gehalt steht, ist allerdings mit bloßem Auge nicht erkennbar. Die Folge: Die Belüftungsmotoren wurden nach Gefühl angeschaltet oder liefen sogar den ganzen Tag. Mit dem Hydroneo-System ließen sich 30 bis 50 Prozent Energie sparen, sagt Reusch. Hydroneo sieht darin einen Schritt zur Nachhaltigkeit. In Thailand gebe es etwa 35 000 Garnelenbecken: „Da können wir richtig etwas bewegen.“
Fisch- und Meeresfrüchteexporteur Thai Union ist als Investor bei Start-Up Hydroneo in Kassel eingestiegen
Für Bewegung soll auch ein Partner sorgen, der weltweit zu den größten seiner Branche gehört: Der Fisch- und Meeresfrüchteexporteur Thai Union ist als Investor bei Hydroneo eingestiegen und setzt das System der Kasseler auch in einigen seiner eigenen Garnelenfarmen ein. Reusch verspricht sich von der Kooperation besseren Zugang zu dem stark fragmentierten thailändischen Markt mit den über das ganze Land verstreuten Farmen, die meist kleine Familienbetriebe sind.
Auch der dänische Start-up-Investor Rockstart, der sein Geld unter anderem in junge Innovative der Nahrungsmittelbranche steckt, ist bei Hydroneo mit an Bord. „In fünf Jahren wollen wir ein Lösungsanbieter für Smart-Farming sein“, sagt Reusch. Geplant ist, das System mit Messstationen anderer Hersteller und mit Solaranlagen zu komplettieren.
Start-up Hydroneo für Shrimpszucht hat Niederlassungen in Kassel und Thailand
Drei der 15 Beschäftigten arbeiten in Kassel, die übrigen in Thailand. In Singapur gibt es eine Niederlassung als Grundstein für einen Geschäftsausbau. Auch Indien, Vietnam und Indonesien sind interessante Märkte.
Für das Smart-Farm-System heimste das damals vierköpfige Team 2018 den ersten Preis sowie den Umweltpreis des Gründerwettbewerbs Nordhessen ein. Der Umsatz ist seitdem nach Worten Reuschs auf einen „niedrigen sechsstelligen Betrag“ gewachsen, Gewinne schreibt Hydroneo noch nicht. Die Coronapandemie hat das Start-up ausgebremst: Wegen des Lockdowns in der Gastronomie fielen die Preise, einige Garnelenfarmen mussten schließen. Reisebeschränkungen erschwerten die Kundengewinnung. Gegenwärtig spüren die Farmer die Folgen des Ukraine-Kriegs: Futter wurde teurer. (Barbara Will)
Als Start-up-City zieht es viele junge Unternehmen nach Kassel, die hoffen, dort etwas bewegen zu können.