Kinder sollen fit wie Herkules werden

Andrea Fröhlich, die Leiterin des Kasseler Sportamtes, spricht im Interview über Bewegung in Grundschulen und das neue Projekt „Fit wie Herkules“.
Kassel – Fit wie Herkules – wer will das nicht sein? Das Sportamt der Stadt Kassel hat sich nun zur Aufgabe gemacht, die Grundschulkinder noch mehr zu animieren, sich zu bewegen und sich einem Verein anzuschließen. Nach einer Art Probephase in drei Grundschulen läuft das Projekt „Fit wie Herkules“ nun nach und nach an. Die bisherigen Reaktionen seien überwiegend positiv, sagt Andrea Fröhlich, Leiterin des Sportamtes. Sie äußert sich in unserem Montagsinterview.
Frau Fröhlich, schon vor der Corona-Pandemie hieß es, die Kinder würden sich nicht mehr so viel bewegen wie früher. Wie sieht die Situation nach drei Jahren Corona aus?
Durch die Lockdowns in der Coronazeit waren die Bewegungsangebote für Kinder stark eingeschränkt. Die Sportvereine hatten geschlossen, der Schulsport war eingestellt, die Kinder durften draußen nicht mit mehreren auf den Bolzplatz gehen. Das hat zur Folge, dass es Jahrgänge gibt, in denen der Zustand der Kinder amotorischer geworden ist. Darum hat die Stadt Kassel das Projekt „Fit wie Herkules“ initiiert. Wir wollen den Kindern auch im Sportbereich die verlorene Zeit wieder zurückgeben. Wir wollen sie aktivieren. Eins dürfen wir dabei nicht vergessen.
Nämlich?
Bei Kindern ist das Thema Bewegung und Sport ganz hoch im Kurs. Sie sind mit Freude und Engagement dabei. Wir müssen sie nur abholen und ihnen deutlich machen, wie wichtig ständige Bewegung nicht nur für den Körper, sondern auch für die geistige und soziale Entwicklung ist.
Wenn das Angebot stimmt, ist das Kind also auch motiviert, das Smartphone mal beiseite zu legen?
Genau. Ich glaube, wir dürfen Smartphones und Computer nicht verteufeln. Beides wird die Kinder ihr Leben lang begleiten – gar kein Thema. Aber wir müssen ihnen eben auch Angebote schaffen und ihnen sagen: Schau her, hier kannst Du Dich im Hort – mit anderen gemeinsam – bewegen und Spaß haben. Dabei müssen wir ihnen aber auch aufzeigen, welche sportlichen Angebote in Vereinen und welche Sportstätten es in ihrem Stadtteil gibt und sie darauf aufmerksam machen. Wir müssen die Türen öffnen, damit die Kinder den Weg zum Sport schaffen. All das soll unser Projekt „Fit wie Herkules“ leisten. Teil dessen werden auch Übersichten sein, die aufzeigen, welche Sport- und Bewegungsangebote es genau in welchen Stadtteilen für Sechs- bis Zehnjährige gibt.
Wie soll das Projekt laufen?
„Fit wie Herkules“ bietet nicht nur eine Stunde Bewegung pro Woche nach der regulären Unterrichtszeit für jede Grundschule an, sondern ist auch um Vernetzung bemüht. Am besten funktioniert die, wenn wir schon Übungsleiter aus den Vereinen für „Fit für Herkules“ und damit für die Stunde Bewegung gewinnen können. Das ist manchmal schwierig, weil in der Mittagszeit oder am frühen Nachmittag nicht alle Übungsleiter zur Verfügung stehen. Deshalb schulen und qualifizieren wir unter anderem auch Studierende, die dann im Namen des Vereins die Angebote gestalten. Aufgabe ist es, dass der Übungsleiter den Kontakt zu den Vereinen im Stadtteil hält. So ist es auch möglich, als Gruppe auch mal zu einem Sommerfest eines Vereins zu gehen. Umgekehrt gibt es aber auch das Angebot an die Vereine, mal bei „Fit für Herkules“ vorbeizuschauen.
„Fit wie Herkules“ ist eine Art Anschlussprojekt von „Treffpunkt Bewegung“, bei dem Sie vornehmlich für ältere Menschen Bewegungsangebote in jedem Stadtteil geschaffen haben. Was können Sie aus diesem Projekt übertragen?
Unsere Erfahrung ist, dass wir so viel Gutes in dem Bereich Sport in der Stadt haben – mit 180 Vereinen und Hunderten Angeboten. Aber viele wissen es oft nicht, was hier alles möglich ist. Durch solche Projekte erreichen wir Menschen, die keinem Verein angehören, und machen sie mit deren Angeboten bekannt. Das ist wichtig, denn die Sportvereine sind nicht nur der Schlüssel für mehr Bewegung, sondern tragende Säule des Gemeinwesens in Kassel.
Bei „Treffpunkt Bewegung“ ging es auch vornehmlich darum, das Angebot zu verstetigen. Wie soll diesbezüglich die Perspektive für das neue Projekt sein?
Ich werbe dafür, dass es ein festes Angebot in der Stadt wird. Dabei gilt eines zu berücksichtigen: Kinder in Bewegung zu bringen, kann allen nutzen. Zunächst einmal den Kindern selbst, die damit die Freude an Bewegung im besten Fall für den Rest ihres Lebens nicht mehr verlieren. Für die Vereine ist es optimale Werbung: Die brauchen ja auch Nachwuchs. Und je breiter die Basis ist, desto größer die Chance, Ausnahmetalente zu finden. Ziel ist es, dass es nach drei Jahren zugesagter Förderung weitergeht. (Florian Hagemann)