Nach Dschungelcamp: Kunden fragen in Kasseler Bäckerei, ob Insekten verbacken sind

Sind Insekten eine Zutat in den Backwaren? Mit dieser Frage muss sich eine Bäckerei-Kette in Kassel auseinandersetzen. Schilder sollen jetzt vorbeugen.
Kassel – Würden Sie ein Brötchen essen, in dem gemahlene Mehlwürmer verbacken sind? Die Bäckerei Döhne will nicht, dass sich Kunden mit dieser Frage beschäftigen müssen. Deshalb greift die Bäckerei vor: In den zehn Filialen in und um Kassel hängen seit dieser Woche Schilder, die verkünden: „In unserer Bäckerei werden keine Insekten verbacken“.
Unter den Kunden der Filiale am Rhönplatz in Süsterfeld/Helleböhn sind Insekten ein großes Thema. „Seit dem Dschungelcamp kommen vermehrt Nachfragen“, berichtet Christiane Neudert, die dort als Bäckereifachverkäuferin arbeitet und sonst eher selten zu Insekten in den Backwaren befragt wird. „Deshalb haben wir uns entschieden, das direkt öffentlich zu machen.“
„Heuschrecken haben ja auch so etwas nussiges“
Vermutlich habe das Fernsehformat viele Kunden sensibilisiert für das Thema Insekten. Prominente Teilnehmer wie Claudia Effenberg, Jana Pallaske und Lucas Cordalis mussten im Camp Aufgaben erfüllen, zu denen etwa gehört, Insekten zu essen oder Bestandteile von Tieren, die auf dem Speiseplan der Europäer nicht obligatorisch sind. Weiterer Aspekt: Jüngst wurde die EU-Liste der „neuartigen Lebensmittel“ um Hausgrille und Getreideschimmelkäfer-Larve erweitert.
„Es kam schon mehrfach die Frage, ob in der Nussecke echte Nüsse drin sind oder ob da Heuschrecken genutzt wurden“, sagt Neudert und merkt an: „Heuschrecken haben ja auch so etwas nussiges“. Sie weiß das auch, weil sie sie selbst schon gegessen hat. Krokodil, Känguru und Strauss ebenfalls. Sie komme ursprünglich vom Bodensee. Dort gebe es ein Restaurant, das sich darauf spezialisiert habe, extravagante Tierprodukte auf die Speisekarte zu nehmen. „Da probiere ich gern mal etwas aus.“
Kunde in Kassel will keine Insekten essen: „Da ist mein Ekel viel zu groß“
Den Trend zum Insekt als Proteinquelle und umwelt- wie klimafreundliche Zutat hat ihrer Meinung nach vor allem Kostengründe. „Sie sind eben einfach günstiger.“ Wenn er wüsste, dass in Brötchen Mehlwürmer verbacken sind, würde er sie nicht kaufen, sagt ein Kunde, der seinen Namen nicht nennen will. So lange er wisse, dass genug andere Lebensmittel vorhanden seien, würde er keine Insekten essen. „Da ist mein Ekel viel zu groß.“
Christiane Neudert stellt fest, dass es vielen Kunden so geht. Vor allem die älteren Kunden seien es, die sich im Smalltalk zum Thema skeptisch äußerten. Nachfragen würden aber in erster Linie die jungen Leute zwischen 18 und 45, berichtet die 57-Jährige, die übrigens Nussecken essen würde, in denen Heuschrecken verarbeitet sind. (Anna Lischper)
Laut EU-Kommission: Hausgrille muss auf Zutatenliste stehen
Insekten in Lebensmitteln? Dass Heuschrecken als Delikatesse verzehrt, aber auch kleingeschrotet als Lebensmittel mit guter Ökobilanz in Backwaren verwendet werden dürfen, regelt die EUKommission. Erst im Januar wurde diese Liste um Hausgrillen und Larven des Getreideschimmelkäfers erweitert.
Sie reihen sich ein hinter dem gelben Mehlwurm und Heuschrecken, die seit 2021 auf der Liste stehen. Sie gelten jetzt als Lebensmittel und können in Brötchen, Crackern oder Backmischungen vorkommen. Wurden zermahlene Hausgrillen verwendet, müssen diese auf der Zutatenliste zu finden sein. Kommen Insekten in Lebensmitteln vor, dürfen diese nicht mehr als vegetarisch oder vegan gekennzeichnet sein.
Mit einem Pfandsystem für Verpackungen soll die Umwelt geschont werden. Das Projekt findet in Bäckereien in Kassel allerdings nur wenige Nutzer.