KVG auf dem Weg zur vollständigen Barrierefreiheit in Bus und Bahn

Die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG) will den öffentlichen Nahverkehr barrierefrei machen. Erhöhungen am Bahnsteig sollen mobilitätseingeschränkten Fahrgästen den Einstieg erleichtern
In drei Gruppen scharen sich Kasselerinnen und Kasseler, die in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkt sind, um eine Straßenbahn und beratschlagen darüber, welche Erhöhung am Bahnsteig am besten zugänglich ist. Die zwei Zentimeter hohen Module sollen den Einstieg mit der Klapprampe erleichtern. Bei dem Test vor dem Auestadion am Donnerstag, dem 3. März, entschied die Meinung der Testpersonen, welches Modell ab 2023 an allen 215 Bahnsteigen an 99 Straßenbahnhaltestellen der KVG in Kassel eingesetzt werden wird.
Öffentlicher Nahverkehr muss bis 2022 barrierefrei sein
Eine provisorische Lösung, wie KVG-Betriebsleiter Klaus Reintjes sagt. Laut dem novellierten Personenbeförderungsgesetz sollte der Nahverkehr bis zum 1. Januar 2022 „vollständige Barrierefreiheit“ erreichen. Dazu gehören Einstiegsmöglichkeiten ohne Schwellen, Stufen, oder Spalte. „Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe“, so Reintjes, „weil wir viele unterschiedliche Fahrzeuge, unterschiedliche Türen und teilweise unterschiedliche Bahnsteighöhen haben.“ Die Erhöhungen vor den Klapprampentüren an Straßenbahnen sollen Abhilfe schaffen,
Fast alle Haltestellen der KVG zugänglich
Schon jetzt sind fast alle Haltestellen der KVG barrierefrei zugänglich. „Es hat sich schon vieles verändert, und vieles zum Guten, aber optimal ist es noch nicht unbedingt“, weiß Claudia Bruer. Die 38-jährige Kasselerin ist im Rollstuhl unterwegs und hofft bei dem Test auf eine Verbesserung der Barrierefreiheit. „Ich bin auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen, wenn ich von A nach B möchte.“ Noch besser sei, wenn man auch ohne Rampe und damit Hilfe des Fahrers einsteigen könnte.
Busse und Bahnen müssen langfristig umgerüstet werden
Dafür jedoch müssen die Bahnen und Bahnsteige umgerüstet werden. „Diese Erhöhung können wir sehr schnell zur Verfügung stellen“, erklärt Projektleiter Michael Wiesenhütter das Projekt. Wenn bis zum Jahr 2038 schließlich ausreichend neue Bahnen angeschafft seien, würden auch die Bahnsteige umgebaut werden, sodass Bahnsteige und Türen aneinander angepasst werden könnten. Vorerst aber sind viele der Testpersonen zufrieden mit den Erhöhungen.
Fragebogen erhebt Zufriedenheit mit Erhöhungen
Ursula Gärtner testet jedes der Modelle von fünf Herstellern gespannt. Sie fährt täglich mit Bus und Bahn, nicht immer sei der Einstieg mit dem Rollator leicht, erzählt sie. Auf die Fragen von Projektleiter Wiesenhütter nach zum Beispiel Rutschfestigkeit, Sicherheitsgefühl und Rampensteigung der Erhöhungen antwortet die 92-Jährige begeistert: „Sehr gut, sehr gut.“
Etwas anderes macht Gärtner zu schaffen: „Meine Augen sind derart schlecht geworden“, sagt Gärtner. Sie sehe nur noch auf einem Auge schemenhaft. An den vertrauten Haltestellen kenne sie sich aus. „Aber wenn ich irgendwo fremd bin, da komme ich nicht mehr zurecht“, sagt sie. Bei „Erkennbarkeit visuell“ trägt der Projektleiter „größere Probleme“ auf dem Fragebogen ein. Bis zur vollständigen Barrierefreiheit ist es noch ein langer Weg.