Ex-Kandidatin Lijana Kaggwa rechnet mit GNTM ab: „Gehe liebend gerne vor Gericht“

Lijana Kaggwa ist Teil der GNTM-Kandidatinnen von 2020. Danach erfährt sie eine Menge Hass im Internet und erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Produktionsfirma.
Kassel – Die ehemalige GNTM-Kandidatin Lijana Kaggwa enthüllt in ihrem Youtube-Video, wie es hinter den Kulissen der Reality-Show zugeht und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Produktionsfirma. Kein Kontakt zur Familie, Ausgangsverbote, gezielte Manipulation, verzerrte Darstellung und unterlassene Hilfeleistung – das wirft Model und Influencerin Lijana Kaggwa der Pro-Sieben-Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM) in einem Video auf Youtube vor. 2020 hatte Kaggwa es als Kandidatin bis ins Finale geschafft, in dem sie freiwillig ausstieg. Grund dafür war der immer größer werdende Hass gegen sie.
Während ihr Video über zwei Millionen mal angeschaut wurde und auch ein Clip des Youtubers Rezo für Aufmerksamkeit sorgte, hat Pro Sieben die Vorwürfe zurückgewiesen und dem Model eine Unterlassungserklärung geschickt. Moderatorin Heidi Klum ignoriert die Vorwürfe bisher.
GNTM-Kandidatin über Show: „Mein Hauptziel ist der Kampf gegen Cybermobbing“
Wie geht es Ihnen jetzt, nachdem ihre Enthüllungsstatements viral gegangen sind?
Mir geht es sehr gut. Manchmal kommen noch negative Gefühle hoch, aber es war auch therapeutisch. Als wäre ein riesengroßer Ballast von meinen Schultern genommen. Es ist befreiend, dass die Welt jetzt weiß, was passiert ist und mein wahres Ich erkannt wird. Das ist schön.
Welche Reaktionen erreichen Sie?
Das mediale Interesse ist groß und ich bin dankbar für die weitgehend positive Resonanz. Viele Teilnehmer von Reality-Shows wie „Bachelor in Paradise“ oder „Sommerhaus der Stars“ schreiben mir, weil sie in der gleichen Situation stecken. Ich bekomme auch viele Nachrichten von Personen, die in ihrem privaten Umfeld von Cybermobbing betroffen sind.
Warum sind Sie damit an die Öffentlichkeit gegangen?
Mir geht es dabei nicht um die Sendung. Sie sollen so weitermachen, wenn sie nachts noch schlafen können. Mein Hauptziel ist der Kampf gegen Cybermobbing. Ich habe diesen Hass gerade so überlebt. Ich habe große Sorge, dass sich jemand aufgrund einer Ausstrahlung das Leben nimmt. Niemand kann einen auffangen, das unterschätzt man. Deshalb möchte ich erzählen, was in einer Reality-Show passiert, welche Rolle die Teilnehmenden unbewusst übernehmen. All das, was mir verschwiegen wurde. Damit will ich junge Frauen und Männer warnen. Ich möchte die gesamte Gesellschaft für Cybermobbing und den entstehenden Hass durch solche Sendungen sensibilisieren.
Lijana möchte gegen Produktionsfirma vorgehen: Ex-GNTM-Kandidatin bricht Schweigepflicht
Wieso sind Sie erst zwei Jahre später diesen Schritt gegangen?

Nach meiner Teilnahme an der Sendung und besonders nach der Ausstrahlung war ich derart traumatisiert, dass ich nicht die Kraft hatte, diesen Kampf zu kämpfen. Mir war damals schon klar, dass ich eventuell vor Gericht gehen und weitere Konsequenzen tragen muss, wenn ich die Schweigepflicht breche. Ich musste dazu erst meine Depression, meine Suizidgedanken und das Trauma überwinden und aufarbeiten, damit ich die Stärke dafür habe. Jetzt bin ich stark genug und habe es auch gemacht, um damit abschließen zu können. Ich weiß wieder, wer ich bin und ziehe eine Grenze.
Gab es einen speziellen Auslöser?
Ausschlaggebend war ein Video der Youtuberin Kyla Shyx, in dem sie GNTM als unglaubwürdig, inszeniert und diskriminierend kritisiert. Dabei war sie selbst nie Teil der Sendung, sondern sie hat das Gezeigte als Zuschauerin reflektiert. Dadurch konnte sie vieles nur vermuten. Ich hatte dann das Gefühl, ich muss das als ehemalige Teilnehmerin, also als Insiderin, stützen und sagen, dass sie Recht damit hat.
Wie fühlt es sich an, sich mit Heidi Klum, einem Weltstar und einer der mächtigsten TV-Persönlichkeiten, anzulegen?
Mir ist es wichtig, zu betonen, dass ich mich nicht mit Heidi anlege. Natürlich ist es ihre Show, und sie hat die Macht, etwas zu ändern, aber es ist schwierig, die Grenze zu ziehen. Ich hatte kaum Kontakt mit ihr. Meine Vorwürfe richten sich eher an die Produktionsfirma und deren redaktionelle Entscheidungen. Natürlich ist es aufregend, sich mit einem so großen Format anzulegen. Gleichzeitig gibt es mir auch eine andere Stärke. Mein Video hat mehr Aufrufe, als sie Zuschauer haben. Ich bin die Antwort, mit der sie rechnen müssen.
„Ich gehe liebend gerne vor Gericht“: Lijana Kaggwa erzählt wie es hinter den Kulissen von GNTM aussieht
Wie weit werden Sie dafür gehen?
Meine Mutter sagt immer, die Wahrheit und die Liebe werden siegen. Ich gehe liebend gerne vor Gericht, weil ich zu 100 Prozent die Wahrheit gesagt habe und die nicht anders können, als mir zu zustimmen. Ich gehe gern vors Gericht und bin auch bereit, die Vertragsstrafe zu zahlen.
Warum denken Sie, schauen noch so viele Menschen GNTM, wenn es so schlimm ist?
Ich kann es nicht verstehen. Wahrscheinlich, weil es keine Alternativen gibt. Es gibt so viele Sendungen, die nach dem gleichen Konzept funktionieren. Der Grundgedanke von GNTM ist genial, wenn es wirklich ums Modeln und um talentierte Persönlichkeiten gehen würde. Darum geht es aber nicht, sondern es stehen zunehmend zwischenmenschliche Konflikte im Vordergrund.
Hat sich in der letzten GNTM-Staffel etwas verbessert?
Ich muss gestehen, dass ich die Sendung seit meinem Ausstieg selten sehe. Ich gehe davon aus, dass sich noch viel ändern muss. Ich habe meine Follower gebeten, mich darauf aufmerksam zu machen, wenn jemand aus der Sendung in den sozialen Netzwerken Hass erfährt. Dann rufe ich dazu auf, den Hasskommentaren positive Botschaften entgegenzusetzen. Es zeigt sich immer wieder, dass sich das Land und die Betreiber der Plattformen dem Problem des ungeschützten Internets endlich annehmen müssen.
Sie ist nicht alleine: Weitere Ex-GNTM-Teilnehmerinnen unterstützen sie
Haben Sie Kontakt zu Teilnehmerinnen?
Ich bin mit Ex-Kandidatin Nathalie Volk ein eingeschworenes Team. Sie ist ähnlich stark traumatisiert. Ansonsten stehe ich im Kontakt mit vielen anderen, die die Zickenrolle zugeschrieben bekommen haben. Wir bereiten einige Schritte zusammen vor.
Befürchten Sie Auswirkungen auf Ihr Berufsleben und soziales Engagement?
Ganz im Gegenteil. In der Modelwelt war ich für die ersten zwei Jahre nach Ausstrahlung erst mal verbrannt. Das war ein großes Problem, da viele nicht mit mir zusammenarbeiten wollten. Sie dachten, ich sei ein unangenehmer Mensch. Jetzt melden sie sich wieder und merken, ich bin genau das Gegenteil von dem Image aus der Show. Jetzt habe ich das Standing und die Glaubwürdigkeit wieder, die mir durch GNTM abgesprochen wurde. Obwohl ich sehr viele Anfragen bekommen habe, würde ich nie wieder bei einem Reality-Format mitmachen. Trotzdem bin ich sehr dankbar für die Aufgabe, die ich dadurch bekommen habe.
(Josefin Schröder)