Lokale Pionierleistungen: Kasseler waren oft ihrer Zeit voraus

Die Menschen in Kassel haben in den vergangenen Jahrhunderten viele großartige Dinge hervorgebracht, die heute nicht mehr so stark im Bewusstsein sind.
Kassel - Tatsächlich waren es schon mehrfach Menschen aus Kassel, die für deutschlandweite, europaweite und sogar weltweite Pionierleistungen verantwortlich waren. Vor allem im Bereich des Verkehrs wurde schon häufig Wegweisendes in Kassel entwickelt und erprobt: Die Bandbreite reicht vom ersten Dampfschiff der Welt über die erste Fußgängerzone Deutschlands, die modernste Verkehrskreuzung Europas bis hin zu Deutschlands erster Straßenbahn, die aus eigener Kraft fuhr, also ohne vorgespannte Pferde.
Wir geben auf dieser Seite einen Überblick über die Pionierleistungen made in Kassel. Gleichzeitig rufen wir die Leser dazu auf, uns weitere Pionierleistungen zu nennen, die mit der Stadtgeschichte verbunden sind (kassel@hna.de).
Erste Sternwarte Mitteleuropas im Kasseler Stadtschloss
Schneller war kaum ein anderer Herrscher: Wilhelm IV., Landgraf von Hessen-Kassel, ließ 1560 die erste Sternwarte Mitteleuropas in Kassel bauen und machte die Stadt zum Zentrum der Himmelsforschung. Die Sternwarte befand sich im Stadtschloss (Bild), das bis zu einem verheerenden Brand 1811 an der Stelle des heutigen Regierungspräsidiums am Steinweg stand. Etliche Instrumente der Sternwarte wurden aber gerettet und in die Orangerie in der Aue gebracht.

Modernste Kreuzung Europas: Der Altmarkt in Kassel
Kaum zu glauben, aber wahr: Als die Kreuzung am Altmarkt 1957 eröffnet wurde, setzte sie neue Maßstäbe. Sie galt als modernste Ampelkreuzung des Kontinents. Die Eröffnung der Kreuzung war dem Magazin „Der Spiegel“ sogar eine große Geschichte mit der Überschrift „Die Muster-Kreuzung“ wert. Darin wurde sich euphorisch über die Ampeln neuen Typs geäußert, deren Schaltung den jeweils aktuellen Verkehrsfluss berücksichtigten.

Erstes Dampfschiff der Welt von Denis Papin
1696 hatte der Hugenotte Denis Papin (Bild) eine Anstellung am Kasseler Hof erhalten. In seiner Kasseler Zeit baute der Physiker ein durch einen Dampfzylinder und Muskelkraft angetriebenes Schaufelradboot. Mit diesem wollte er 1707 samt Familie von Kassel nach London fahren. Es soll das erste Dampfschiff der Welt gewesen sein – es gibt aber Zweifel, wie gut es funktionierte. In Hann. Münden wurde das Schiff gestoppt und im Streit um Passierrechte zerstört.

Erste Fußgängerzone Deutschlands: Die Treppenstraße in Kassel
Am 9. November 1953 blickt das Land abermals nach Kassel. Mit der Treppenstraße eröffnet die erste Fußgängerzone Deutschlands. Im kriegszerstörten Kassel hatten die Planer die Chance ergriffen, eine verkehrsfreie Einkaufsstraße zu etablieren. Über 104 Stufen und 275 Meter Länge sollte die Straße den Hauptbahnhof mit der Innenstadt verbinden. In mehreren Filmen der 50er- und 60er-Jahre (etwa „Der letzte Fußgänger“ mit Heinz Erhard) dient sie als Kulisse.

Erstes festes Theater Deutschlands: Das Ottoneum
Vor über 400 Jahren (1604-1606) wurde mit dem Ottoneum der erste feste Theaterbau Deutschlands in Kassel errichtet. Bauherr war Landgraf Moritz. Er hatte das Gebäude nach seinem Lieblingssohn benannt. Bis 1613 beherbergte das Theater eine Wandertruppe englischer Schauspieler. Mehrfach wird es später umgenutzt (Kirche, Gießerei, Hochschule). Heute befindet sich im Ottoneum am Steinweg das Naturkundemuseum.

Die ersten Parkscheiben Deutschlands gab es in Kassel
Hier hatte man früh den Dreh raus: 1961 führte Kassel als erste Stadt in Deutschland die Parkscheibe ein, um der Autoflut Herr zu werden. Erfunden hatte sie der damalige Kasseler Polizeipräsident und spätere Kasseler Bürgermeister Heinz Hille (1923-2011). „Wir haben damals so lange mit Papier und Pappe rumgebastelt, bis wir eine brauchbare Vorlage hatten“, sagte Hille später im HNA-Gespräch. Ein Patent hatte er leider nicht angemeldet. (Bastian Ludwig)

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