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Tagesvater aus Kassel ist einer von wenigen Männern im Beruf

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Von: Anna Lischper

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Die Tageseltern Fatemeh Shah Ali (33) und Peyman Bahrami (36) spielen mit den Kindern Mira Maxamed und Daniel Lin.
Arbeitskleidung Mickey-Mouse-Shirt: Fatemeh Shah Ali (33) und Peyman Bahrami (36) sind nicht nur als Ehepaar ein gutes Team. Auch beruflich ergänzen sie sich. Sie gehören zu den insgesamt 83 Tageseltern, die in Kassel arbeiten. © Anna Lischper

Peyman Bahrami ist einer von nur drei Tagesvätern in ganz Kassel. Der 36-Jährige betreut Kinder im Alter von sieben Monaten bis drei Jahren.

Kassel – Wenn Peyman Bahrami während seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann nach einem Arbeitstag nach Hause kam, wo seine Mutter als Tagesmutter arbeitete, dauerte es nicht lange, bis sich die Kinder um ihn scharten. „Ich öffnete die Tür, und sie kamen angerannt. Irgendwann merkte ich dann, dass ich schon eine Stunde bei den Kindern sitze.“ Diese Erfahrung hat den heute 36-Jährigen geprägt.

Zusammen mit seiner Frau Fatemeh Shah Ali, mit der er auch zwei Söhne hat, betreut er in der Unterneustadt bis zu acht Kinder im Alter von sieben Monaten bis drei Jahren. Nicht weit entfernt von der eigenen Wohnung und der seiner Mutter, die seit nunmehr 15 Jahren als Tagesmutter arbeitet, hat das junge Paar eine Wohnung im Erdgeschoss gemietet.

Die beiden hatten sich damals bei einer kulturellen Veranstaltung in Frankfurt kennengelernt, wo Bahrami als Sänger auftrat. „Unsere Mütter saßen nebeneinander und stellten fest, dass wir gut zueinander passen würden“, erzählt Bahrami. Das bewahrheitete sich. Denn nach der Hochzeit und der Geburt ihrer beiden Kinder Sobhan (6) und Danial (2) verbringen die beiden gebürtigen Iraner nun sogar ihren beruflichen Alltag zusammen.

Im Iran als Erzieherin ausgebildet, hatte Fatemeh Shah Ali (33) zunächst in einem Kindergarten in Stuttgart gearbeitet, kam dann für ihren Freund nach Kassel, absolvierte die Ausbildung zur Tagesmutter und arbeitete in der gemeinsamen Wohnung. Als im vergangenen Jahr klar war, dass auch ihr Mann eine solche Ausbildung machen wird, verlagerten sie ihre Tagespflege in eine externe Wohnung. „Hier sind Spiel- und Schlafbereich getrennt, die Bücher unserer Jungs werden nicht von den Kleinen angenuckelt, und wir können alles auf den Alltag mit den Kindern zuschneiden.“

Bunte Girlanden und Bilder schmücken die hellen Räume, die große Küche mit Glasfront eröffnet den Blick auf den Hinterhof, indem Bahrami vor Kurzem eine Vogelfutterstelle aufgehängt hat. „Ein Mädchen wollte nur essen, wenn es dabei etwas zum Gucken hatte. Jetzt klappt das einwandfrei, weil sie sich die Vögelchen ansehen kann“, berichtet Bahrami stolz.

Seit Dezember 2021 tritt er nun in die Fußstapfen seiner Mutter. „Als Einzelhandelskaufmann arbeitete ich, um Geld zu verdienen. Jetzt liege ich sonntagabends im Bett und freue mich auf den nächsten Morgen.“ Dass das so kommen würde, war nicht absehbar. „Ich habe mich schon gefragt, ob ein Mann als Betreuungsperson gewünscht ist.“ Im Alltag verflogen die Bedenken schnell. „Einige Kinder fahren total auf mich ab und sehen mich als ersten Ansprechpartner. Und manchmal wirkt es Wunder, wenn eine männliche Stimme etwas sagt.“

Weicher Kern, starke Nerven, altersgerechte Ansagen, Gleichbehandlung der Kinder sind aus seiner Sicht sehr wichtig. Und: Kinder wollen gesehen werden. Als er 1999 mit der Familie aus dem Iran nach Kassel kam, sprach er kein Deutsch. „Mitschüler und Lehrer bezogen mich nicht ein. Sie dachten, ich verstehe sie eh nicht. Das tat mir nicht gut.“ Deshalb sieht er jedes Kind. „Ich rede ganz normal mit ihnen, ob sie mich verstehen oder nicht.“ Er habe den Ehrgeiz, nachzuforschen, was das Kind brauche, das weine oder ihn mit großen Augen ansehe.

Was eine Tagesmutter kann, kann ein Tagesvater auch. „So wie zu Hause“, sagt Bahrami, der mit seiner Frau eine gute Arbeitsteilung hat. Während meist seine Frau die Kinder wickelt, kocht er. Der begeisterte Angler greift dafür viel auf Fisch zurück, den er mit einer Angelgruppe in einem kontrollierten Zuchtteich gefangen hat. Oft gibt es persischen Reis.

Seine Wurzeln inspirieren Peyman Bahrami aber nicht nur beim Kochen. Auch die Verbundenheit zur Familie, das enge Verhältnis der beiden zu ihren Großeltern, fließen in den Alltag als Tageseltern ein. Und wenn sie das letzte Tageskind verabschiedet haben, holen sie ihre eigenen Kinder vom Kindergarten ab. „Dann gehen wir abwechselnd ins Fitnessstudio. Auch mit sich selbst sollte man achtsam umgehen.“ (Von Anna Lischper)

Nächster Ausbildungskurs beginnt Mitte Februar

Derzeit gibt es 83 Kindertagespflegepersonen (KTPP) in Kassel, davon drei Kindertagespflegeväter. „Die Teilnahme von Tagesvätern ist wünschenswert, damit Kinder unterschiedliche Bezugspersonen mit einem unterschiedlichen Rollenverhalten haben“, sagt Antje Kühn, Leiterin des Amtes Kindertagesbetreuung Kassel, dessen Fachdienst Kindertagespflege stets auf der Suche nach engagierten Interessierten ist, die sich für diese Tätigkeit ausbilden lassen möchten.

Die Ausbildung selbst ist kostenfrei, lediglich der Erste-Hilfe-Kurs, das erforderliche Führungszeugnis und die Infektionsschutzbelehrung werden selbst finanziert. Der nächste Qualifikationskurs an der Elisabeth-Knipping-Schule soll in den Osterferien starten, das Einführungsseminar ist für Mitte Februar geplant.

Kontakt: Mail an kindertagespflege@kassel.de oder telefonisch unter 787 51 60.

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