Katholische Reformbewegung startete am Samstag Protestaktion
Maria 2.0 schlägt Thesen an Kirchentüren
Mit dem Anschlag von Thesen an die Türen der katholischen Kirchen hat die Reformbewegung Maria 2.0 eine bundesweite Protesaktion gestartet.
Kassel – „Es ist eher fünf nach zwölf als fünf vor zwölf“, sagt Beatrix Ahr über den Zustand der katholischen Kirche. Nicht nur in Köln gebe es wegen Kardinal Rainer Maria Woelki viele Austritte, sondern auch schon im Bistum Fulda. Die katholische Christin gehört der Reformbewegung Maria 2.0 an, die an diesem Wochenende bundesweit sieben Thesen an Dom- und Kirchentüren schlägt, um auf die „eklatanten Missstände“ in der katholischen Kirche hinzuweisen und damit auf ihre Forderungen nach Reformen.
500 Jahre nach Martin Luther.
Am Samstag schlugen mehrere Frauen der Initiative die ersten Thesen an die Tür der Kirche Herz Mariä in Harleshausen. Unterstützt wurden sie von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (KFD) und der Gruppierung „Wir sind Kirche“. Der Zeitpunkt wurde von Maria 2.0 vor der virtuellen Vollversammlung der Deutschen Bischöfe gewählt, die diese Woche stattfindet.
Maria 2.0 fordert mit den Thesen eine geschlechtergerechte Kirche mit dem Zugang für alle Menschen zu allen Ämtern, sowie die Aufklärung, Verfolgung und Bekämpfung der Ursachen von sexualisierter Gewalt. Darüber hinaus wird eine wertschätzende Haltung gegenüber selbstbestimmter, achtsamer Sexualität eingefordert sowie die Aufhebung des Pflichtzölibats.
Diese Forderungen seien nicht neu, sondern würden schon seit 50 Jahren in der Kirche diskutiert, sagt Ahr. Es sei höchste Zeit, dass sie endlich umgesetzt würden, damit nicht noch mehr Menschen der katholischen Kirche den Rücken zukehren. Es gebe Erhebungen, dass rund 75 Prozent der Katholiken hinter den Thesen stehen.
„Wir wollen nicht spalten, wir wollen eine katholische Kirche, die bereit ist, sich selbst zu reformieren. Wir wollen als Gemeinschaft glaubwürdig sein“, so Ulrike Knobbe.
Thesen 2.0
An alle Menschen, die guten Willens sind
1. #gerecht: gleiche Würde – gleiche Rechte
In unserer Kirche haben alle Menschen Zugang zu allen Ämtern. Denn Menschenrechte und
Grundgesetz garantieren allen Menschen gleiche Rechte – nur die katholische Kirche
ignoriert das Mannsein begründet heute Sonderrechte in der Kirche.
2. #partizipativ: Gemeinsame Verantwortung
In unserer Kirche haben alle teil am Sendungsauftrag; Macht wird geteilt. Denn der
Klerikalismus ist heute eines der Grundprobleme der katholischen Kirche und fördert den
Machtmissbrauch mit all seinen menschenunwürdigen Facetten.
3. #glaubwürdig: respektvoller Umgang und Transparenz
In unserer Kirche werden Taten sexualisierter Gewalt umfassend aufgeklärt und
Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen. Ursachen werden konsequent bekämpft. Denn
viel zu lange schon ist die katholische Kirche ein Tatort sexueller Gewalt. Kirchliche
Machthaber halten immer noch Informationen zu solchen Gewaltverbrechen unter
Verschluss und stehlen sich aus der Verantwortung.
4. #bunt: leben in gelingenden Beziehungen
Unsere Kirche zeigt eine wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber
selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft. Denn die offiziell gelehrte
Sexualmoral ist lebensfremd und diskriminierend. Sie orientiert sich nicht am christlichen
Menschenbild und wird von der Mehrheit der Gläubigen nicht mehr ernst genommen.
5. #lebensnah: ohne Pflichtzölibat
In unserer Kirche ist die zölibatäre Lebensform keine Voraussetzung für die Ausübung eines
Weiheamtes. Denn die Zölibatsverpflichtung hindert Menschen daran, ihrer Berufung zu
folgen. Wer diese Pflicht nicht einhalten kann, lebt oft hinter Scheinfassaden und wird in
existentielle Krisen gestürzt.
6. #verantwortungsvoll: nachhaltiges Wirtschaften
Unsere Kirche wirtschaftet nach christlichen Prinzipien. Sie ist Verwalterin des ihr
anvertrauten Vermögens; es gehört ihr nicht. Denn Prunk, dubiose Finanztransaktionen und
persönliche Bereicherung kirchlicher Entscheidungsträger haben das Vertrauen in die Kirche
tiefgreifend erschüttert und schwinden lassen.
7. #relevant: für Menschen, Gesellschaft und Umwelt.
Unser Auftrag ist die Botschaft Jesu Christi. Wir handeln danach und stellen uns dem
gesellschaftlichen Diskurs. Denn die Kirchenleitung hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Sie
schafft es nicht, sich überzeugend Gehör zu verschaffen und sich im Sinne des Evangeliums
für eine gerechte Welt einzusetzen. (use)