Uni Kassel entwickelt intelligente Kunststoffe

An heißen Tagen, wenn die Sonne auf die Fenster knallt, könnte besonders viel Energie gespeichert werden. Könnte – wenn ein Produkt entwickelt wird, das die Energie von der Scheibe speichern kann. Forscher der Universität Kassel haben nun eine spezielle Kunststofffolie entwickelt.
Kassel – Der Prototyp eines Fensters mit dieser Folie soll noch in diesem Jahr in Kassel in eine Wohnung gebaut werden, kündigt Prof. Dr. Hans-Peter Heim an. Er ist wissenschaftlicher Leiter des neuen Zentrums für funktionenintegrierende Kunststofftechnik, kurz UNIfipp, am Institut für Werkstofftechnik der Uni Kassel.
Dieses Anwendungszentrum Kunststofftechnik für Projektforschung wurde gegründet, um Produkte zu entwickeln, die zur Marktreife geführt werden können. Hierzu arbeitet das Unifipp eng mit Firmen aus der Region zusammen. Im Falle der Sonnenlicht leitenden Kunststofffolie mit der Firma Walter Fenster + Türen aus Kassel. Diese baut den Fensterprototypen. Am Rahmen wird eine Solarzellenleiste angebracht, die aus der Sonnenenergie Strom erzeugen kann.
Das Grundprinzip der Funktionenintegration in Folien funktioniert so: Es werden bis zu vier sehr dünne Kunststoffschichten übereinandergeschichtet, „in die jeweils Partikel eingearbeitet werden, die was können“, sagt Heim, „zum Beispiel Ionen enthalten, leiten, empfangen oder verfärben.“ Im Falle der Fensterfolie werden mithilfe der Compoundierung Quantenpunkte, die nur eine bestimmte Wellenlänge des Lichts absorbieren und wieder rausschicken, in einen Kunststoff eingearbeitet. Die wenige Nanometer großen Quantenpunkte absorbieren also die UV-Strahlung und wandeln sie in Infrarotstrahlung um.
Dass die beschichtete Folie auf Fensterscheiben zu erschwinglichen Preisen in Serienproduktion gehen kann, ist Ziel des Projekts. „Im Moment ist es aber viel zu teuer“, sagt Michael Hartung, Geschäftsführer von Unifipp, „das liegt an der Verfügbarkeit des Materials und an der nicht serienreifen Technik.“ Das entwickelte Quantenpunkte-Fenster würde zurzeit mehrere Tausend Euro kosten.
Das Land Hessen unterstützt den Aufbau von Unifipp mit 2,3 Millionen Euro. Hiervon wurden Maschinen gekauft: Im Institut für Werkstofftechnik auf dem Campus-Gelände am Holländischen Platz in Kassel stehen nun unter anderem zwei 3 D-Drucker sowie eine Beschichtungsanlage. Eine große Spitzgießmaschine soll noch in diesem Jahr geliefert werden, kündigt Hartung an.
Von der modernen Maschinentechnik profitieren auch die Studierenden am Fachbereich, sagt Heim: „Sie können mit der zeitgemäßen Geräteausstattung lernen.“ Außerdem fließen die aktuellen Forschungsergebnisse in seine Vorlesung zum Thema Kunststoff-Verarbeitungsprozesse ein. „Das hat einen extrem hohen Mehrwert für die Studierenden.“ Sie können als studentische Hilfskraft im Unifipp mitarbeiten oder die Geräte für ihre Bachelor- oder Masterarbeit nutzen. „Sie können die Maschinen nicht nur anschauen, sondern eigene Versuchsreihen für ihre Arbeit machen.“ Die Studierenden lernen dabei viel über die Eigenschaften von Kunststoff und die Eigenschaften der Verarbeitung. Der Ingenieur sagt: „Da lernen sie mehr als in jeder Vorlesung.“ Das Institut für Werkstofftechnik hat pro Jahr etwa 40 Absolventen.
Weiteres Ziel von Unifipp: Kooperationen mit Firmen der Region aufzubauen. Wenn also Firmen Projektideen haben im Bereich Schichtsystem, Funktionsartikel oder 3D-Druck, können sie sind bei Unifipp melden. (Claudia Feser)
Kontakt: Unifipp, Michael Hartung, Tel. 0561 / 804 30 77, E-Mail hartung@uni-kassel.de