Stadtmuseum Kassel macht Livevideos per Instagram

Immer wieder stand Annette Schramm vor einem schwarzen Bilderrahmen und erzählte ihm etwas über die Interieurs der Stadtbewohner im 19. Jahrhundert, über Mobiliar, Farbgebung, Lebensgefühl. Die 42-Jährige bereitete sich damit auf ein neues Format vor, das das Stadtmuseum während der Pandemie einführte: die Liveführung per Instagram.
Kassel - Schramm, die freiberuflich auch als Gästeführerin und Reiseleiterin arbeitet, gehört seit 3,5 Jahren zum Pool von neun Vermittlern, die die Besucher regelmäßig durch das Museum führen. Weil das wegen der Kontaktbeschränkungen zeitweise nicht möglich war, switchte man um auf Online. Und weil diese Idee beim Publikum so gut ankam, wird sie ab heute einmal monatlich weitergeführt.
Um die 35 Leute, teilweise aus anderen Städten, schalteten sich bei den 15 bis 20-minütigen Führungen zu, die im Moment der Aufnahme direkt auf die Social-Media-Plattform übertragen werden, berichtet Sprecherin Antje Göbel. Die Reaktionen: Herzchen und Kommentare. „Für uns war das eine gute Resonanz.“
Und das Format bot eine Konstanz in der Vermittlung, die das pandemische Geschehen sonst nicht ermöglichte: Präsenzführungen konnten nur in Wellen stattfinden. Kuratiertes Wissen konnte so für die Online-Nutzung festgehalten werden – eine moderne Erweiterung des Vermittlungsangebots.
Für die Vermittler allerdings sei es eine Umstellung gewesen. „Die Hemmschwelle war groß. Das Internet vergisst nichts, jeder Wortdreher und Verhaspler wird festgehalten. Denn die Videos werden danach ja auf dem Kanal online gestellt“, sagt Schramm. Schließlich änderte sich auch die Ansprache: „Wenn man in eine Kamera spricht, hat das etwas von einem Vortrag.“ Stehen die Besucher im Museum, gleiche eine Führung einem Dialog.
„Was ist ein Witz wert, wenn man niemanden lachen hört?“ Annette Schramm
„Ich sehe dann in den Gesichtern, wenn Fragen sind, kann auf sie eingehen und Dinge noch einmal vertiefen.“ All das könne sie bei einer Online-Führung nicht. „Normalerweise mache ich auch mal einen Witz, aber was ist der wert, wenn man niemanden lachen hört?“
Das Gefühl, in eine Kamera zu sprechen, habe sie anfangs steif gemacht und sie habe erst lernen müssen, einen Kontakt zur Kamera aufzubauen. Dabei half ihr der schwarze Bilderrahmen.
Schließlich war es auch für Antje Göbel, die hinter der Kamera stand, eine neue Erfahrung. So habe sie etwa erst lernen müssen, dass sie während der Live-Führung keine Nutzeranfragen annehmen darf. „Am Anfang landeten wir mal in der Küche einer Nutzerin, die für alle sichtbar im Bild erschien.“ Das sei dann doch etwas schwierig händelbar gewesen.
Die nächste Live-Führung macht Kuratorin Martina Sitt heute ab 18 Uhr in der Sonderausstellung „Wunderkammer modern – 50 Jahre Universität Kassel“ auf instagram.com/stadtmuseum_kassel. Die Ausstellung ist noch bis 18. April zu sehen.
Von Anna Lischper