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Nach Demo am Samstag: Kurden werfen Kasseler Polizei Gewalt vor

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Im Einsatz: Polizisten bei einer Demo. Das Foto ist ein Symbolbild
Im Einsatz: Polizisten bei einer Demo. Das Foto ist ein Symbolbild © Marius Becker/dpa

Nachdem vier Polizisten bei einer Demonstration am Samstag in der Innenstadt leicht verletzt worden waren, hat sich nun die Gruppe „YXK - Kassel“ (Verband der Studierenden aus Kurdistan) zu Wort gemeldet.

Sie wirft der Polizei vor, Demonstranten geschlagen und getreten zu haben. Die Beamten seien „kompromisslos“ vorgegangen.

Und das nur, weil einige Teilnehmer Bilder von Abdullah Öcalan gezeigt hätten. Das ist in Deutschland verboten. Anlass der Demo war übrigens der gesundheitliche Zustand des Anführers der in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Öcalan wurde in der Türkei wegen Hochverrats verurteilt und ist dort seit 1999 inhaftiert.

Mindestens vier Teilnehmer der Demo seien am Samstag verletzt worden, sagt Siyar-Mazlum Bavli (29), ein Sprecher der kurdischen Gruppe. Diese hat auch ein Video im Internet veröffentlicht, in dem zu sehen ist, wie ein Polizist eine Demonstrantin von hinten umgreift und zu Boden bringt.

Wir haben die Demonstranten und die Polizei um Stellungnahmen gebeten:

Bild von Öcalan

Die Demonstranten: Einigen Demonstranten sei nicht bewusst gewesen, dass das Zeigen von Öcalan-Bildern in Deutschland verboten ist, sagt der Student Siyar-Mazlum Bavli gegenüber der HNA.

Die Polizei: Nach Angaben von Polizeisprecher Matthias Mänz habe der Einsatzleiter bereits zu Beginn der Demo darauf hingewiesen, dass die Öcalan-Bilder nicht gezeigt werden dürfen. Der Versammlungsleiter habe auch nach dem Hinweis auf die bestehenden Auflagen nicht auf die Teilnehmer eingewirkt. Aus diesem Grund wurde ein Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet.

Zahl der Demonstranten

Die Demonstranten: Die kurdische Gruppe wirft der Polizei vor, die Presse falsch informiert zu haben. Die Polizei habe von 80 Demonstranten berichtet. Die Demonstranten behaupten, dass es nur 28 Teilnehmer gegeben habe. Mit der falschen Teilnehmerzahl wolle die Polizei rechtfertigen, warum sie mit rund 40 Einsatzkräften vor Ort war.

Die Polizei: Laut Polizei hätten am Anfang 80 Personen und am Ende noch 30 an der Demo teilgenommen.

Verletzte Polizisten

Die Demonstranten: Dass vier Polizisten bei dem Einsatz verletzt wurden, sei die eigene Schuld der Beamten. „Durch das willkürliche Einsetzen von Pfefferspray sind höchstwahrscheinlich in der Menge auch Einsatzkräfte von der Substanz getroffen worden. Das allein reicht für den Polizeibericht als eine Verletzung“, sagt Sprecher Siyar-Mazlum Bavli.

Die Polizei: „Während des Einsatzes erlitten vier Beamten leichte Verletzungen. In einem Fall fügte ein Teilnehmer einem Beamten mit einer Fahnenstange eine Verletzung am Auge zu. Zwei Beamte trugen Schürfwunden davon, eine Beamtin ist von Teilnehmern der Versammlung umgestoßen und dabei ebenfalls leicht verletzt worden.“

Verletzte Demonstranten

Die Demonstranten: „Menschen wurden gewaltsam die Fahnen entrissen, zu Boden gestoßen, ins Gesicht geschlagen, mit Reizgas in die Augen gesprüht und mit aggressiven Schäferhunden bedrängt. Einer der Teilnehmer wurde von einem Polizisten gewaltsam misshandelt“, schreiben die Demonstranten in der Presseerklärung.

Die Polizei: Im Laufe der Versammlung sollte die Identität eines Mannes wegen des Zeigens einer Öcalan-Fahne festgestellt werden. Dieser habe vehement die Herausgabe seiner Personalien verweigert, so Mänz. Bei seiner Festnahme habe sich der Mann mit erheblichem Widerstand gewehrt. Dabei habe er sich leichte Verletzungen zugezogen. Weitere Verletzte seien am Ende der Demo der Polizei nicht bekannt gewesen.

Andere Demonstranten hätten versucht, die Polizei bei ihrer Arbeit zu behindern, insbesondere die Festnahme und der Transport des Festgenommenen zur Polizeidienststelle sollten verhindert werden. Deshalb seien Ermittlungen wegen versuchter Gefangenenbefreiung sowie mehrere Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet worden.

„Um die Festnahme sowie die Abfahrt des Funkstreifenwagens zu ermöglichen, mussten die Beamten mehrfach verschiedene Teilnehmer, teils unter Anwendung unmittelbaren Zwanges, fernhalten und abdrängen sowie in letzter Konsequenz Pfefferspray einsetzen“, so der Polizeisprecher. 

Demo in Kassel: Auflagen

Das Ordnungsamt der Stadt habe den Veranstaltern der Demo am Samstag mehrere Auflagen vorgegeben, so Stadtsprecher Michael Schwab. In der Versammlungsbestätigung sei unter anderem verboten worden, Plakate, Transparente, Banner, Flaggen, Kleidungsstücke und/oder ähnliche plakative Bekundungen sowie Skandierungen („biji serok apo, biji pkk“ und so weiter), die im Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkeren Kurdistan, PKK) stehen und/oder deren ideologischen Ziele verfolgen, zu zeigen oder zu äußern. Dieses Verbot wurde auch für die Organisationen KADEK, KONGRA GEL, KKK und KCK ausgesprochen. Ferner wurden Bilder von Abdullah Öcalan, und zwar in jeglichem Zusammenhang, verboten, erklärt Stadtsprecher Schwab.

Im April diesen Jahres waren Vorwürfe gegen die Polizei in Witzenhausen laut geworden. Beamte sollen auf Demonstranten eingeschlagen haben, die gegen die Abschiebung eines Syrers protestierten. Von den Szenen tauchten Videos auf.

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