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Nach Kopfschuss auf Goldhändler: Angeklagter erscheint mit Sonnenbrille vor Gericht

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Vor Gericht: Der 38-jährige Armenier ist wegen versuchten Mordes angeklagt. Er soll einem Schmuckhändler in Kassel in den Kopf geschossen haben. Die Zeichnung wurde am ersten Verhandlungstag gemacht. Gestern trug der Mann im Gerichtssaal eine Sonnenbrille, weil er lichtempfindlich ist. zeichnung: Christine Reinckens

Weil er einen Schmuckhändler im Februar 2018 in Bettenhausen in den Kopf geschossen und beraubt haben soll, muss sich ein 38-jähriger Armenier auf der Anklagebank des Kasseler Landgerichts verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Mord aus Habgier in Tateinheit mit schwerem Raub vor. 

Vom Erscheinungsbild hätte er auch irgendwo an einem Strand sitzen können. Mit schwarzer Sonnenbrille mit abgedunkelten Gläsern und weißem T-Shirt erschien der 38-jähriger Mann aus Armenien am Mittwoch auf der Anklagebank des Kasseler Landgerichts. Dort ist er wegen des Verdachts des versuchten Mordes an einen Goldhändler aus Kassel angeklagt. Diesen soll er laut Anklage im Februar 2018 in Bettenhausen ausgeraubt und in den Kopf geschossen haben.

Ob er etwas mit den Augen oder Drogen genommen habe, wollte Volker Mütze, Vorsitzender Richter der sechsten Strafkammer, von dem Angeklagten wissen. Er sei lichtempfindlich, lautete dessen Erklärung für sein legeres Auftreten. Und dass sein Mandant nur ein T-Shirt trage, liege daran, dass ihm beim Transport von der Justizvollzugsanstalt, wo er in U-Haft sitzt, einfach die Jacke abgenommen worden sei, fügte sein Verteidiger hinzu.

Doch nicht nur das Erscheinungsbild des Angeklagten erinnerte mitunter an eine Gerichtsshow aus dem Privatfernsehen. Ein Wachtmeister musste Zuschauer darauf aufmerksam machen, dass das Hantieren mit Handys im Gerichtssaal untersagt ist und dass die Holzabtrennung zwischen Zuschauer- und Gerichtsbereich keine Abstellfläche für ihre Kaffeetassen ist.

Und der Vorsitzende Richter musste wiederholt feststellen, dass sich die beiden Verteidiger während seiner Ausführungen oder Aussagen von Zeugen unterhielten. „Das ist normal, dass die sich unterhalten“, sagte Mütze zu einem 57-jährigen Ermittler der Kasseler Kripo.

Der Kriminalbeamte hatte die 42-jährige Mitangeklagte, die aus Armenien stammt und in Kassel lebt, vernommen, nachdem diese am 23. Februar 2018 bei einer Polizeikontrolle in Göttingen festgenommen worden war. In dem Auto und der Handtasche der Frau seien zahlreiche Schmuckstücke gefunden worden, die dem Überfall hätten zugeordnet werden können. Zu den Kollegen aus Göttingen habe die Frau zunächst gesagt, so der Kasseler Ermittler, dass ihr der Schmuck gehöre.

Später habe sie ihm mitgeteilt, dass sie die über 50 Ringe, Anhänger und weiteren Stücke auf einer Wiese in Nähe der Kasseler Lokalität „Café Del Sol“ in Bettenhausen gefunden habe. Sie habe die Fundstücke eigentlich abgeben wollen, hätte es dann aber vergessen. Nachdem die Frau nach ihrem Anwalt verlangt hätte, habe sie sich zu der Herkunft des Schmucks nicht mehr geäußert, so der Kriminalbeamte. Am ersten Verhandlungstag vor drei Wochen hatte die 42-Jährige erklärt, dass sie nicht gewusst habe, dass der Schmuck aus einem Raub stammt. Und er 38-jährige Hauptangeklagte hatte jede Beteiligung an der Tat abgestritten. Er wisse nicht, wie eine Rolex-Uhr mit 26 Brillanten und ein Ring, die aus dem Raubüberfall in Kassel stammen sollen, in sein Zimmer in einer Asylunterkunft in Wohltorf (Schleswig-Holstein) gelangt seien.

Bevor ein Kriminalkommissar aus Lübeck, der den Angeklagten am 23. Februar 2018 in der Unterkunft mit Unterstützung des SEK festgenommen hatte, aussagte, gab der 38-Jährige eine Erklärung dazu ab.

Er habe damals große Angst gehabt. Er habe zunächst vor der Unterkunft nur lautes „Hupen“ gehört und viele Menschen im Scheinwerferlicht gesehen. Zudem habe er nicht gewusst, wer diese Leute mit Masken und Helmen seien, so der Angeklagte. Zudem sei er bei der Festnahme nicht richtig belehrt worden.

Der Ermittler aus Lübeck sagte hingegen aus, dass der Beschuldigte von ihm vor Ort belehrt worden sei. Bei der Durchsuchung seines Zimmers seien neben Uhr und Ring auch noch Dollarscheine in einem Sofa gefunden worden. Zudem hatte der Angeklagte die Beamten selbst darauf aufmerksam gemacht, dass unter seiner Matratze ein Messer liegt.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

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