Nach Wildschwein-Grillen beim Tag der Erde: Kasseler Künstler wird als Nazi beschimpft

Kassel. Beim fleischlosen Tag der Erde in Kassel hatte Frank Draude zum Grillfest mit Wildschwein am Drehspieß eingeladen. Seither wird der Metall-Künstler als Nazi und Reichsbürger beschimpft.
Es sei Spaß gewesen, auch ein wenig Provokation. Was aber nach seinem Grillfest beim Tag der Erde passiere, gehe zu weit, sagt Frank Draude. „Das trifft mich schon hart. Das ist geschäftsschädigend“, klagt der Inhaber von „Ideen aus Stahl“.
Seit der 56-Jährige beim fleischlosen Tag der Erde (22. April) zum Grillen eingeladen hatte, sieht er sich Diffamierungen ausgesetzt. Draude brutzelte mit Kumpels vor seiner Werkstatt an der Gottschalkstraße – also direkt an der Veranstaltungsmeile – ein Wildschwein am Drehspieß. Das Tier hatte ihm eine befreundete Jägerin im Reinhardswald geschossen.
Flugblatt in Nachbarschaft
Schon während der Veranstaltung sorgte die Schweinerei für Streit mit Tierschützern und für Diskussionen mit den Veranstaltern. Schlimmer ist für den Kasseler aber die Hetzjagd, die danach begann: In der Nachbarschaft tauchten Flugblätter mit Fotos von Draude und dem Grillfest auf. Überschrift: „Vorsicht Nachbarschaft!“ Auf den im Viertel verteilten Zetteln wurde der 56-Jährige als „bekennender Reichsbürger“ bezeichnet. Bekannte Kasseler Neonazis seien beim Grillen vor der Werkstatt gesehen worden. Als Beweis für den angeblichen Szenetreff war auf dem Flugblatt das Foto eines VW-Busses abgedruckt – mit Kennzeichen aus Thüringen sowie Hitler-Smiley und Flagge des Deutschen Reichs als Aufkleber.
„Der Bus gehörte gar nicht zu uns“, betont Draude. Beim Einkaufen und auf der Straße grüßten ihn viele nicht mehr. Im Vorbeigehen habe man ihn sogar als „Scheiß-Nazi“ beschimpft. Er sei kein Nazi, habe mit der rechten Szene nichts zu tun. Bei seiner Grillparty seien den Tag über 60 bis 70 Menschen gewesen. Tatsächlich war darunter auch ein Bekannter, der früher zur rechten Rocker- und Motorradszene gehörte. Draude: „Aber das ist lange vorbei.“
Der gelernte Schlosser und Schmied, der beim Mercedes-Achsenwerk tätig war, ist seit 28 Jahren selbstständig. Die frühere Autowerkstatt in der Gottschalkstraße hat er im Juli übernommen, im Haus wohnt er auch. „Das Grillfest war eine rein private Angelegenheit“, sagt er. Er sei Künstler. Künstler provozierten gern, stellten Dinge in Frage – auch das Fleischverbot. Wildschwein sei ein Produkt der Region, 100 Prozent bio. Das passe zum Kasseler Umweltfest eher als chinesische Fahrräder oder bayerischer Käse.

Die Polizei will er nicht einschalten. Die Diffamierer vermutet er in der linken Szene. Er sei nicht politisch, schon gar nicht rechts. Er habe viele junge Leute, auch Ausländer, ausgebildet. Gerade arbeitet er in seiner Werkstatt mit zwei Künstlern aus Polen und Algerien zusammen. Draude ein Ausländerfeind, Rassist und Nazi? „Ich bin der lebende Beweis, dass das nicht so ist“, sagt sein algerischer Werkstattkollege Djamel Djoued.
Video: So war der Tag der Erde
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