90-Jährige hat Grabmal für Künstlernekropole in Kassel geschaffen

Die Künstlernekropole im Habichtswald hat einen prominenten Neuzugang. Nele Bode (Jahrgang 1932), die Tochter von documenta-Gründer Arnold Bode, hat dort ein Grabmal geschaffen.
Kassel – Es ist kaum zu glauben, dass diese so agile Frau schon 90 Jahre alt sein soll. Nele Bode wirkt ausgesprochen fit auf dem Weg zum Fototermin im Habichtswald. In der Künstlernekropole am Blauen See steht ab sofort ihr Beitrag, der zu Lebzeiten auf den Tod verweist. „Ich weiß, dass meine Tage endlich sind“, sagt die Tochter des documenta Gründers Arnold Bode. Der Bitte um einen künstlerischen Beitrag sei sie gern gefolgt, sagt sie am Rande einer kleinen Feierstunde mit einem Bläsertrio der Musikschule Kassel und einer ganzen Reihe von Gästen.
Darunter war auch eine Delegation der aktuellen documenta-Kuratoren von Ruangrupa, die zum Gratulieren gekommen waren und angesichts der aktuellen Verwerfungen eher angespannt wirkten. Nele Bode brachte das so auf den Punkt: „Die documenta trägt heute schwarz.“
Die 90-Jährige setzte dagegen auf Grüntöne, weil das zur Umgebung im Wald doch sehr gut passe. Und zu einem besonderen Ort in der Verlängerung der Ahnatalstraße. Auf einer Lichtung befindet sich seit 30 Jahren die Künstlernekropole. Die Idee dazu hatte der verstorbene documenta-Künstler Harry Kramer. Rund um den Blauen See können Künstler von documenta-Rang zu Lebzeiten ihre Grabmäler errichten und sich dort später bestatten lassen.
Zu diesem illustren Kreis gehört auch die Frau mit dem Künstlernamen E. R. Nele. Ihr Grabkunstwerk besteht aus zwei schlanken und vier Meter hohen Häusern aus Edelstahl, die sich leicht neigen. Verbunden sind sie mit einem dünnen Rohr, auf dem eine Figur mit einer Balancierstange läuft. Es gehe um den Weg von hier nach da, sagt Nele Bode, die das Werk schlicht „Gang“ getauft hat.
Die Künstlerin, die mit vollem Namen Eva Renée Nele Bode heißt, hat ihre Kindheit und Jugend in Kassel verbracht. Im Krieg beobachtete sie immer wieder aus der Wohnung ihrer Großeltern an der Fiedlerstraße die Waggons mit eng zusammengepferchten Zwangsarbeitern auf dem Weg zu den Henschelwerken. Die Erinnerung daran verarbeitete sie in dem Kunstwerk „Die Rampe“, das auf dem Gelände der Kasseler Universität steht. Es handelt sich um einen ehemaligen Reichsbahnwaggon ohne Fenster, aus dem drei leere Mäntel in Menschengestalt über eine Rampe nach unten gehen. Ein Mahnmal zur Erinnerung an Deportation und Holocaust.
Die Grafikerin und Bildhauerin, die in Frankfurt lebt, war Teilnehmerin der documenta II (1959) und der documenta III (1964). Auch in der Eröffnungswoche der aktuellen documenta fifteen war sie in Kassel.
Sie seien stolz darauf, dass Nele Bode jetzt auch in der Künstlernekropole vertreten sei. Darauf verwiesen in ihrem Ansprachen sowohl Kulturdezernentin Susanne Völker als auch Gerold Eppler, der Vorsitzende des Kuratoriums der Künstlernekropole.
Sie sei vom ehemaligen Kasseler Oberbürgermeister Hans Eichel gefragt worden und habe spontan zugestimmt, sagt Nele Bode. Der Standort für ihr Grabkunstwerk mitten im Wald und auf dem Weg zum Blauen See könnte jedenfalls kaum schöner sein. (Thomas Siemon)