Sie legten sich auch mit dem DFB an: Dynamo Windrad ist Kassels ungewöhnlichster Sportverein

Wegen eines Streits mit dem DFB zog Dynamo Windrad bis vor das Bundesverfassungsgericht. Nun wird der Sportverein 40 und ist immer noch besonders.
Kassel – Es gibt unzählige schöne Anekdoten über den Sportverein Dynamo Windrad, eine geht so: Weil der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die alternativen Kicker aus Kassel in den 1980er-Jahren nicht anerkannte, da der Name sonst nur von DDR-Vereinen gebraucht wurde und politisch links sei, trat der Club irgendwann als SC Königstor an.
Zum ersten offiziellen Ligaspiel reisten DFB-Verantwortliche an und entdeckten den verbotenen Namen „Dynamo Windrad“ auf den Trikots. Es waren ja schließlich dieselben Spieler. Doch der Aufdruck war eine Werbung einer Firma, die ihr solarbetriebenes Windrad so genannt hatte, wie der Verein hieß. Und gegen Trikotsponsoring konnte der DFB nichts machen.
Solche Geschichten werden auch am morgigen Samstag rund um das Kulturzentrum Schlachthof erzählt, wenn der FSC Dynamo seinen 40. Geburtstag feiert. Im Nordstadtpark wird es ein Kinderprogramm mit dem Spielmobil Rote Rübe geben. Es wird Volleyball, der Trendsport Jugger und noch viel mehr gespielt. Auf der anderen Seite der gesperrten Fiedlerstraße gibt es einen Graffiti-Workshop. Im Schlachthof und im Biergarten Boreal spielen Bands wie Fye & Fennek. Bis 4 Uhr morgens sollen DJs wie Mr. Brown auflegen.
Während andere Sportvereine bei runden Geburtstagen ein kaltes Buffet servieren, stellt Dynamo ein kleines Festival auf die Beine. Schon das zeigt, dass der mittlerweile mehr als 1400 Mitglieder in 26 Abteilungen zählende Verein immer noch anders ist.
Im Streit mit dem DFB zogen die Gründer einst sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht. Heute wird im Windpark Jahn, dem gerade erst modernisierten Sportplatz in Rothenditmold, den sich Dynamo mit dem ESV Jahn teilt, nicht nur Sport getrieben. Vorigen Sommer stellte der Verein mit Berliner Künstlern das Kulturprojekt „Fußballaballa“ auf die Beine. Die Mitglieder engagieren sich gegen Rassismus und Homophobie. Vor drei Jahren kämpften die Fußballer mit Aktionen gegen die Abschiebung ihres Mitspielers Soryba Drame alias Ibra aus Guinea – vergeblich.
Während andere Clubs Parolen ausgeben wie „Hier regiert der HSV“, verteilt Dynamo Aufkleber, auf denen steht: „Hier verliert der FSC.“ Dazu passt die selbstironische Antwort des Vereinsvorsitzenden Justus Ittner, der im Fragebogen unserer Zeitung sagte, sein größter sportlicher Erfolg sei „der Nichtabstieg aus der untersten Liga“. (Matthias Lohr)